Nachtmahr Nr. 1 - Der Skarabäus (Wolpertinger Hörbücher)

  • London ist nicht mehr sicher, denn irgendetwas lauert in den Strassen der Stadt. Menschen verschwinden, sie werden Opfer des unheimlichen Wesens, doch was genau hat es mit dieser Kreatur auf sich? Wer ist die unbekannte Frau (Franziska Pigulla), die durch die Gegend zieht. Paul Lessingham (Bernd Rumpf) scheint mehr zu wissen, denn die Lösung dieses grausamen Rätsels befindet sich in der Vergangenheit dieses Mannes. Was weiß er über den Skarabäus und wie kann man die schrecklichen Vorgänge in London stoppen?


    - Meinung -


    Wolpertinger Hörbücher begibt sich nun in die Welt der Hörspiele und startet nun diese Reihe. Hierbei handelt es sich um Klassiker der Grusel- und Horrorliteratur und das ist wörtlich zu nehmen. Hier wird nicht auf angestaubten Schauer gesetzt, hier kann es durchaus mal explizit und auch blutig werden, dazu werden auch einige gruselige Szenen serviert, Gänsehaut kommt also durchaus desöfteren auf. Doch nicht nur Robert Marshs Vorlage ist klasse und bietet von Anfang bis Ende eine albtraumhafte Atmosphäre, auch die Bearbeitung ist wirklich klasse, das "tighte" Skript muss ausdrücklich gelobt werden. Knapp über 53 Minuten ohne Schnörkel, dafür mit ordentlichem, aber auch wohldosiertem Tempo, einigen düsteren und gruseligen Momenten, spannenden Szenen. Hier greifen Vorlage und Bearbeitung wirklich bestens ineinander, wie ein sehr gut aufeinander abgestimmtes Werk aus Zahnrädern.


    Max von Werder, der sich dafür verantwortlich zeichnet, ist auch in Sachen Regie der Chef und hat eine tolle Riege ins Studio geholt. Introsprecherin Franziska Pigulla hat hier auch die Rolle der Antagonistin und das macht sie wirklich hervorragend, so eine starke Leistung in einem Hörspiel konnte man schon längere Zeit nicht mehr hören. Fies, tief, grollend, rau und böse, so jagt sie der Hörerschaft einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Mit Bernd Rumpf, Anna Carlsson, Karin Buchholz, Wolfram Koch und Jürgen Thormann mischen noch weitere namhafte Routiniers und Könner mit, die ihr Handwerk seit Jahren absolut verstehen und die das Niveau ziemlich weit nach oben drücken. Das gilt weitestgehend auch für die meisten Sprecher in den kleineren Nebenrollen, wo Rafael Banasik noch ein wenig an seiner Performance arbeiten muss, das geht sicherlich noch besser, stellenweise klingt er noch ein etwas unsicher, was aber mit der Zeit sicherlich noch werden wird. Hans Peter Hallwachs habe ich mir für den Schluss aufgespart, denn seine Leistung ist schon etwas Besonderes, denn zum einen möchte man gar nicht meinen, dass ein derartiger Sprecher bei einem Gruselhörspiel mitmischt und ob er überhaupt zu einem solchen Stoff passt ist auch so eine Sache. Tut er aber und mit seiner doch ruhigen und teilweise sehr distanzierten Art bringt er seinen ganze eigenen Touch mit, doch es verleiht der ganzen Angelegenheit nochmal zusätzlich eine ganz eigene Note, wirklich klasse.


    Atmosphärisch eine Bombe, sehr düster und bedrückend, in der Hinsicht wird die Stimmung dem Titel der Reihe absolut gerecht, denn es geht sehr albtraumhaft und stellenweise sehr surreal und unwirklich. Das wird zum einen durch die stets passenden Musiken von Tobias Schröter erreicht oder halt auch durch die treffsichere Geräuschkulisse, für die sich Kevin Kranz und Yvonne Homann verantwortlich zeichnen. Die Strassen und Kellergewölbe Englands werden lebendig, aber auch die Rückblenden ins alte Ägypten besitzen eine gewisse Greifbarkeit und Plastizität. Am Ende gibt es dann noch einen wirklich schönen und zur Handlung passenden Song von Electric Funeral namens "Mesmerizing Eyes", der auf die Fähigkeiten der Hohepriesterin anspielt und so die Verbindung zum Hörspiel an sich herstellt.


    Anscheinend möchte man bei Wolpertinger Hörbücher direkt mit dem ersten Hörspiel auch einen Preis für das beste Design gewinnen, denn das Booklet und die beiliegende Stadtkarte Londons sind einfach nur grandios. Die Sprecherliste gleicht einer Galerie, dazu gibt es eine kurze Vita des Autors, diverse Fotos und Bilder, alle wichtigen Produktionsinfos, mehr kann man eigentlich nicht verlangen!


    Was für ein Start dieser neuen Gruselreihe, durch und durch gelungen und Max von Werder hat hier ein ganz heißes Eisen im Feuer. Wem beim Gruselkabinett mittlerweile der Grusel fehlt, der sollte hier zuschlagen, denn Nachtmahr bringt all das mit. Klassische Genreliteratur, dafür aber durch und durch düster und gruselig, manchmal geht es sogar in Richtung Horror, doch stets wird das Niveau gewahrt. Dazu auch in Sachen Umsetzung erstklassig, da kann man nur eine eindeutige und eindringliche Empfehlung aussprechen!


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  • Die Stoffe hören sich so an, als wenn die auch super ins Gruselkabinett passen könnten. Allerdings vermisst man ja derzeit solche Gruselstoffe bei Titania.


    Auf jeden Fall werde ich mir die ersten beiden Folgen zulegen. Scheint mir eine sehr gute Alternative zum Gruselkabinett von Titania zu sein.

  • Zitat

    Original von Angel 74
    Die Stoffe hören sich so an, als wenn die auch super ins Gruselkabinett passen könnten. Allerdings vermisst man ja derzeit solche Gruselstoffe bei Titania.


    Na ja, da sollen ja Gruselstoffe drin sein, nur halt leider in letzter Zeit viel zu oft ohne Grusel. :schnarch:

  • Bin jetzt endlich dazu gekommen, die Folge auch zu hören, nachdem sie schon längere Zeit parat lag.


    Ich bin gut unterhalten worden, mehr aber auch nicht. Mir war die Geschichte etwas zu harmlos / zu wenig überraschend, das wird durch die technisch sehr gut umgesetzte Atmosphäre (das verregnete London, verlassene Häuser) zwar etwas wett gemacht, aber nicht relativiert. Das mag am Alter der Geschichte liegen und daran, dass man heute viele der verwendeten Elemente schon dutzendfach kennt. Damit steht Wolpertinger Audio aber nicht alleine dar und vielleicht haben die nächsten Folgen etwas mehr in dieser Richtung zu bieten. Der Rest stimmt nämlich.


    Eines will ich noch Anmerken: Das Booklet ist wirklich ein Hingucker, mit viel Liebe zum Detail und Fotos zu allen Beteiligten. Als kleine Orientierungshilfe liegt eine Karter der betreffenden Londoner Straßenzüge bei. Sehr chic!

  • Mich konnte es ebenfalls nicht wirklich überzeugen. Es war keineswegs schlecht, ich denke aber, das ich mit dem Gruselkabinett mindestens genauso gut, wenn nicht besser unterhalten werde. Die Serien verfolgen ein ähnliches Konzept und da ich eh mehr und mehr überlegen muss was ich sammle weil soviel kommt, bleibe ich beim GK. Atmosphärisch hinkt das kein bisschen hinterher. Ich hab aber noch das Grauen von Dunwich hier liegen, das hör ich in den nächsten Tagen mal.


    Mir war der Skarabäus zu eintönig, immer nur dieses triste, verregnete - ohne große Story Wendungen oder einem sich spitz zulaufenden Spannungsgrad. Die Szenen in der der Skarabäus auftauchte brachten bei mir eher ein: "Hmmm, oook - und jetzt?!" als ein Schauern hervor.

  • Ich bin ohne große Vorahnung an die Folge gegangen. Jetzt nach dem Hören finde ich, dass das sehr dicht am Gruselkabinett ist. Wirklich verdammt dicht. Ältere Gruselgeschichte, starke Atmo mit passender klassischer Musik, dazu die eine oder andere Star-Stimme. Die Story mag wenig innovativ sein, aber das sind die Gruselkabinett-Vorlagen auch nicht. Im Gegenteil, für mich war der Skarabäus gegen einige der letzten Kabinett-Einträge recht erfrischend.
    Der Unterschied zum Gruselkabinett: Den Skarabäus fand ich als Geschichte viel greifbarer. Beim Kabinett legt man viel Wert auf Charakterzeichnung und das häufig in ausführlichen Dialogen. Das bleibt hier aus, dafür ist der Grusel und die auch brutaleren Szenen direkter dargestellt. Das gruselige wird nicht hauptsächlich durch Mystifizierung und Verschleierung gruselig, sondern dadurch, dass man es auf den Punkt bringt. Beides hat seine Reize - aktuell gefällt mir die Nachtmahr-Methode besser, mal sehen ob sie nach fast 50 Folgen auch noch so unverbraucht ist wie ich sie aktuell empfinde.
    Ergo: gefiel mir sehr gut und hat mich positiv überrascht.