Jodi Picoult - 19 Minuten

  • Schuldrama mit Hochspannungsgarantie


    In neunzehn Minuten kann man den Rasen vor dem Haus mähen, sich die Haare färben, Brötchen backen, sich vom Zahnarzt eine Füllung machen lassen oder die Wäsche für eine fünfköpfige Familie zusammenlegen. Neunzehn Minuten dauert die Fahrt mit dem Auto von der Grenze Vermonts nach Sterling in New Hampshire. In neunzehn Minuten kann man einem Kind eine Gutenachtgeschichte vorlesen oder einen Ölwechsel machen lassen. Man kann eine Meile gehen. Man kann einen Saum nähen. In neunzehn Minuten kann man die Welt anhalten oder einfach von ihr abspringen. In neunzehn Minuten kann man aber auch Rache nehmen.


    Wenn man den Titel liest, dann kann man vieles Vermuten, doch ein Blick auf die Rückseite verrät den schrecklichen Inhalt. Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, ist es gelungen einen Roman zuschreiben, der zwar in das Genre Drama gehört, aber dennoch mit Hochspannung überzeugt. Es geht um Peters Houghtons, er ist 17 Jahre alt und am Ende seiner Kräfte. Er beschließt einen perfiden Plan. Eines Morgens betritt er die Schule und tötet in neunzehn Minuten, die Personen, die ihm das Leben bislang zur Hölle gemacht haben. Zahlreiche Schüler sterben, andere werden schwer verletzt. Auch wenn das Hörbuch eine gekürzte Lesung ist, wird trotzdem alles Wichtige wiedergegeben, sodas man auch bei der Lesung Inhaltlich keine Abstriche machen muss. Und auch sprachlich können Tom Schilling, Oliver Brod, Ulrike Hübschmann, Rosalie Thomass, Bernhard Schütz und Katharina Wackernagel überzeugen. Nicht zuletzt ist noch Marie-Luise Goerke zu erwähnen, die als Regisseurin die Sprecher gekonnt in Szene setzt und so dem Hörbuch eine emotionale Tiefe verleiht.


    Fazit: „19 Minuten“ ist eine gelungene szenische Lesung. Jodie Picoult hat es geschafft ein packendes Psychogramm eines Amokläufers zuentwerfen. Man lauscht hier hinter die Kulissen eines Prozesses, der nicht so einfach zu führen ist, wie es anfangs scheint. Das Hörbuch ist mit 8 CD´s bestückt, die es auf einen Gesamtlaufzeit von 586 Minuten schaffen.


    Autorenporträt: Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, New York, lebt heute nach ihrem Studium in Princeton und Harvard mit ihrem Mann und den drei Kindern in Hannover, New Hampshire. Sie gehört zu den faszinierendsten angelsächsischen Erzählern und besitzt die seltene Gabe, die Zerbrechlichkeit und Komplexität menschlicher Beziehungen in ihren Romanen festhalten zu können. 2003 wurde sie mit dem New England Book Award ausgezeichnet. Zuletzt erschienen auf deutsch mit großem Erfolg ihre Romane »Beim Leben meiner Schwester«, »Die Wahrheit meines Vaters« und »19 Minuten«.

  • Zitat

    Original von Steele
    Hallo Captain Blitz, es freut mich, das dir meine Rezension gefallen hat, denn ich habe bisher noch nicht so viele geschrieben. Danke für den Zusatz und viel Spaß beim Hören. =)


    Ich habe zu danken, dass du bei uns schreibst. :) Leider trauen sich nicht alle neuen Mitglieder sofort, etwas zu schreiben. Der Anfang ist ja jetzt gemacht. ;)

  • @ Steele


    schöne Zusammenfassung! Kurz & Knackig mit den wichtigsten Punkten. Auch das Autorenporträt ist eine gelungene Abwechslung!
    Bin auch noch nicht dazu gekommen, 19 Minuten zu hören, gehe aber nach Deinen Eindrücken davon aus, dass ich mich nicht völlig verkauft habe.


    Cheers

  • ich find das mittlerweile auch echt sehr hilfreich! wenn man was sieht, was einem interessiert, geht man erstmal auf die einschlägigen rezensions-seiten. das ist für den ersten eindruck super und bestärkt bzw warnt vor kauf!


    ich bedanke mich daher bei den rezendenten und deren arbeit! denke, das muss mal immer mal wieder gewürdigt werden!


    Das ist so sicher wie das Feuer in der Hölle! Dort unten gibt es ein Feuer! Ich muss es wissen! Schließlich komme ich direkt von dort!

  • In Sterling kommt es zu einem Massaker an der Schule, Peter Houghton (Tom Schilling) rächt sich in 19 Minuten für viele Jahre voller Hänseleien und Quälereien. Doch was bewegte Peter zu diesem entsetzlichen Schritt? Was trieb ihn an und was geschah vor der Tat? Wie fühlen sich die Überlebenden und was wird nun aus Peter?


    - Meinung -


    Jodi Picoults Roman beleuchtet einen Amoklauf, wie er überall auf der Welt passieren könnte und vor allem kommt das Ergebnis sehr glaubwürdig und realistisch rüber. Effekthascherei oder Klischees gibt es hier kaum und Picoult orientiert sich nicht an der reisserischen Berichterstattung mancher TV-Sender oder Zeitungen, sondern sie erzählt eine relativ objektive Geschichte. Natürlich werden hier auch wieder die "bösen Medien" erwähnt, doch das ist halt das Denken der Gesellschaft, die vornehmlich die Probleme bei sogenannten "Killerspielen" etc. sucht, anstatt mal vor der eigenen Haustüre zu kehren. Es schwingt also auch einiges an Kritik an der Gesellschaft mit, wobei ich das gar nicht mal nur auf die amerikanische beziehen will, das ist eher ein globales Problem. Insgesamt fällt dieses Werk zwar beängstigend, aber auch sehr einfühlsam aus und Jodi Picoult zeigt, dass sie ein sehr gutes Gespür für die verschiedenen Charaktere hat und sie glaubwürdig in Szene gesetzt. Inhaltlich gibt es an diesem Hörbuch schon mal nichts auszusetzen, im Gegenteil, hier legt die Produktion schon mal sehr stark vor.


    An einer Stelle hapert es aber und zwar bei den Sprecher und Sprecherinnen. Mir fallen nahezu alle Darbietungen zu "harmlos" aus, da hätte ich mir durchaus mehr Schwung und Einsatz gewünscht. Schlecht sind die Performances nicht und man hört allen an, dass sie Talent besitzen,doch ihre Vorträge fallen für meinen Geschmack einfach einen Tick zu monoton aus. Warum sich das Ergebnis nicht so anhört, wie ich es mir gewünscht habe, ist eigentlich schon seltsam, denn die Macher haben sich durchaus sehr viel Mühe mit den Besetzungen gegeben und Gedanken gemacht. Tom Schilling spricht Peter, Rosalie Thomass spricht Josie und Katharina Wackernagel ihre Mutter Alex, Ulrike Hübschmann ist als Peters Mutter Lacey im Einsatz und es gibt noch weitere Sprecher wie Oliver Brod und Bernhard Schmitz. Das ist für eine Lesung schon eine ganze Menge, doch das Resultat hätte durchaus besser ausfallen können. Vielleicht hat die Regie zu sehr die Zügel schleifen lassen, so dass die Sprecher ein recht unmotiviert klingen.


    Die Produzenten hätten konsequenter auf eine Inszenierung setzen können, so wäre das Hörbuch lebendiger und schwungvoller ausgefallen und ich bin mir sicher, dass so auch mehr Atmosphäre reingekommen wäre.


    Eine erstklassige Story, doch die Umsetzung lässt durchaus zu wünschen übrig. Es könnte daher sinnvoller sein, wenn man direkt zum Buch greift, da ist man logischerweise nicht von den Sprechern abhängig. Unterm Strich ist die Produktion zwar hörenswert und kurzweilig, hätte aber noch deutlich besser ausfallen können!


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  • Die Geschichte handelt über den 17-jährigen Peter Houghton, der aufgrund jahrelanger Demütigungen ein Massaker an seiner Schule anrichtet.


    Die Geschichte wird in der 3. Person und aus der Perspektive von 5 "Beteiligten" erzählt:


    Dem Täter
    Der Mutter des Täters
    Der Richterin Alex Cormier
    Die Tochter der Richterin, die beim Massaker unverletzt blieb.
    Des Polizisten Patrick Ducharme


    Jede Person wird im Hörbuch von einem "eigenen" Sprecher/-in gesprochen. So konnte man Katharina Wackernagel, Tom Schilling, Rosalie Thomass, Ulrike Hübschmann, Oliver Brod und Bernhard Schmitz für diese Produktion gewinnen. Da es sich hier um eine Lesung handelt, wurde auf Effekte und "stimmliche " Darbietungen völlig verzichtet. Sicherlich hätte die eine oder andere Szene dramatischer erzählt werden können. Aber genau das war nicht das Ziel. Es sollte kein "blutrünstiges" 08-15 Abklatsch erzählt werden, sondern eine tiefgründige Geschichte, die sich in mit der Gedankenwelt jedes einzelnen Protagonisten ausseinander setzt. Wer "3-DKino für die Ohren braucht" ist hier schlecht beraten. 19 Minuten ist keine "nette" Unterhaltung für Zwischendurch.


    Eine aufwühlende Geschichte und ein Appell an alle Schüler, Lehrer und Eltern! Für mich eine Pflichlektüre in jeder Schule.


    Wie schreibt Picoult:


    Jeder Mörder ist das Kind ein Mutter!

  • Picoult gehört ja zu meinen Lieblingsautorinnen, ich habe alle ihre Bücher gelesen, die im deutschsprachigen Raum erschienen sind.



    „In neunzehn Minuten kann man den Rasen vor dem Haus mähen, sich die Haare färben, Brötchen backen, sich vom Zahnarzt eine Füllung machen lassen oder die Wäsche für eine fünfköpfige Familie zusammenlegen. Neunzehn Minuten dauert die Fahrt mit dem Auto von der Grenze Vermonts nach Sterling in New Hampshire. In neunzehn Minuten kann man einem Kind eine Gutenachtgeschichte vorlesen oder einen Ölwechsel machen lassen. Man kann eine Meile gehen. Man kann einen Saum nähen. In neunzehn Minuten kann man die Welt anhalten oder einfach von ihr abspringen. In neunzehn Minuten kann man Rache nehmen.“


    Sterling, New Hampshire. Ein ruhiger beschaulicher Ort mit freundlichen und friedlichen Menschen. Doch kennt hier wirklich jeder jeden so gut, wie angenommen?


    Peter Houghton ist Schüler der Highschool und wird seit seinem ersten Schultag gehänselt und gemobbt. Nun ist er 17 Jahre alt und am Ende seiner Kräfte und schließt so einen perfiden Plan. Eines Morgens betritt er die Schule und richtet in neunzehn Minuten die, die ihm das Leben bislang zur Hölle gemacht haben. Zahlreiche Schüler sterben, andere werden schwer verletzt. Unter ihnen auch seine ehemals beste Freundin, Josie Cormier, Tochter der ansässigen Richterin, die sich jedoch an den Amoklauf nicht mehr erinnern kann. Der Ort steht unter Schock.


    Doch dieser Schock weicht bald einer Medienhetze und schon bald sinnen auch die Bewohner von Sterling auf Rache, denn Peter lebt ja schließlich immer noch. Schon bald beginnt der Prozess, der für Peters Verteidiger kein leichter Job ist, seine Aufgabe besteht darin, das Gericht davon zu überzeugen, dass Peter in erster Linie Opfer ist, Opfer jahrelanger Demütigungen. Der eigentlich so wohlerzogene gute Junge Peter wird zum Monster deklariert, die Eltern aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Alle wollen wissen, warum hat er das getan. Doch ist das wirklich so einfach zu klären?


    In den Büchern von Jodi Picoult lernt man die Geschichte aus zahlreichen Perspektiven kennen, es gibt hier kein Schwarz oder Weiß, sondern auch zahlreiche Schattierungen dazwischen, was ihre Bücher so tiefsinnig und lesenwert macht. Umso schöner, dass endlich auch eines ihrer Bücher als Hörbuch vorliegt. Noch schöner, wenn diese Produktion dann so gelungen ist wie diese. Sechs verschiedene Sprecher lassen den Hörer eintauchen in eine Welt, die uns aus zahlreichen Nachrichtensendungen über Schulmassaker bekannt scheint. Doch wer sind die Täter wirklich, was für ein Leben hatten sie, was hat sie geprägt? Jodi Picoult zeichnet hier ein Täterprofil, in dem der Hörer Verständnis bekommt für das, was in den furchtbaren 19 Minuten geschehen ist. Die Geschichte gewinnt hier durch die Darstellung der Mehrstimmigkeit der Sprecher, Schicksal und Lebensweg des Protagonisten werden dem Hörer sehr nah gebracht und garantieren so stundenlange Spannung, die den Hörer nahezu atem- und sprachlos zurücklässt. Gelungen ist auch hier Picoults Kunstgriff, Figuren aus bereits erschienen Büchern in die Geschichte einzubinden, so kehrt u.a. Nina Frost aus „Die Macht des Zweifels“ zurück.


    „19 Minuten“ ist eine gelungene szenische Lesung und macht es dem Hörer nicht allzu leicht, was aber an der Erzähltaktik der Autorin liegt. Man lauscht hier hinter die Kulissen eines Prozesses, der nicht so einfach zu führen ist, wie es anfangs scheint.
    Mit viel Gefühl nehmen die sechs Sprecher ihre Hörer gefangen, sie verstehen gekonnt, eine beklemmende Atmosphäre zu transportieren und lesen diese Geschichte mit genau den zahlreichen Zwischentönen, die so typisch sind für Jodi Picoult. Ein Hörbuch auf atemberaubenden acht CDs, die unter die Haut gehen, die nachdenklich stimmen und einfühlsam inszeniert wurden.

  • Zitat

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    Die Produzenten hätten konsequenter auf eine Inszenierung setzen können, so wäre das Hörbuch lebendiger und schwungvoller ausgefallen und ich bin mir sicher, dass so auch mehr Atmosphäre reingekommen wäre.


    Das sehe ich anders. Es geht hier nicht um "Action". Es geht hier um eine einfühlsame Geschichte. Eine Story, die dem Leser den Grat zwischen Täter und Opfer näher bringt. Wer ist Schuld? Was ist Schuld? Wer "Saw-Atmosphäre" sucht ist falsch beraten.

  • Zitat

    Original von Leinwanderer


    Das sehe ich anders. Es geht hier nicht um "Action". Es geht hier um eine einfühlsame Geschichte. Eine Story, die dem Leser den Grat zwischen Täter und Opfer näher bringt. Wer ist Schuld? Was ist Schuld? Wer "Saw-Atmosphäre" sucht ist falsch beraten.


    Damit habe ich weder gesagt, dass ich mehr Action brauchte, noch eine SAW-Atmosphäre will. Ich wusste genau, worum es bei dieser Story geht, aber die Inszenierung fällt für meinen Geschmack trotzdem zu lasch und dröge aus.