(NEU) Dämonenjäger Ewald Heine (Lars Henriks) WDR 2024

  • 31111.jpgRege: Thomas Leutzbach

    Musik: Verena Guido


    Mit

    Ewald Heine: Helgi Schmidt

    Likho: Claudia Urbschat-Mingues

    Kommissar Franke: Hanno Koffler

    Udo: Peter Nottmeier

    Anita Ehlers: Katharina Schüttler

    u. v. a.


    Das Berlin der 1920er ist ein bebendes Zentrum des Okkultismus. Ominöse Bruderschaften, trügerische Schamanen und Monstren aller Art beleben seine Straßen. Mittendrin: Ewald Heine - Horror-Autor, Koks-Enthusiast und besessen von Dämonen. In jeder der 10 Folgen erzählt die Grusel-Hörspiel-Serie einen neuen mysteriösen Fall in einer Stadt der Sünde und finsteren Magie.


    10 Folgen ab 7. 8. 2024 in der ARD Audiothek


    https://www.ardaudiothek.de/se…spiel-serie-wdr/13556565/


    Kontakt: ewaldheine@wdr.de


    Die Folgen:

    (1) Die Stimme der Dämonin

    (2) Der Exorzismus

    (3) Der Priester des Todes

    (4) Das Spukhotel

    (5) Der Mitternachtszirkus

    (6) Die Wikingerrunen

    (7) Der Vampirjäger

    (8) Das babylonische Amulett

    (9) Die Anstalt des Grauens

    (10) Die Armee der Willenlosen

  • Ich habe die erste Folge jetzt gehört - und hätte durchaus gleich die nächte(n) Folge(n) auch noch gehört, wenn ich denn Ton gehabt hätte. Insofern also: Nicht schlecht, aber irgendwie auch das Pferd, das nicht höher springt, als es muss. Bisschen viel Splatter, bisschen wenig Rest.

  • Übrigens: Die Figur des "Dämonenjägers Ewald Heine" ist inspiriert durch das Leben und Werk des Autors Hanns Heinz Ewers. Dieser war fasziniert von den Abgründen der menschlichen Psyche und den dunklen Seites des Charakters. Zwischen Opium, Absinth, Erotik und Exotik pflegte der umstrittene Ewers in den 1920er Jahren einen extravaganten und unkonventionellen Lebensstil. Heute zählt er zu den vergessenen Größen der deutschen Literaturgeschichte.

  • Interessant. Darauf wäre ich nicht gekommen, zumal euer Ewald Heine alles andere als abgründig daherkommt.


    Ich will ja nicht überkritisch sein, aber ich tue mich echt schwer damit, wie oberflächlich die Stichwörter aus dem Klappentext abgearbeitet werden, die noch dazu ziemlich Standard sind. Als da wären: Berlin, 20er-Jahre, Ausschweifungen etc. pp. Und für den Fall, dass man es aus dem Kontext nicht erschließt, sagt's dann die obercoole Dämonin noch mal explizit: Berlin! 20er-Jahre! Nasenscheidewände sind eine aussterbende Spezies!


    Ich erwarte von einem Stück doch, dass die Inaltsangabe im Verlauf - pun intended - "Fleisch an die Knochen bekommt". Stattdessen bekomme ich, zumindest in der ersten Folge, wenig mehr als eine etwas ausgeschmückte Nacherzählung des Klappentexts. Der Protagonist trinkt Absinth und kokst zwar formell, ist aber alles in allem stets klar, umgänglich und nett.


    Selbst das - als Thema auch nicht gerade neue - ungleiche Ermittlerduo aus preußischem Beamten und halbseidenem Lebemann, der zur Mitarbeit gezwungen wird/ist, kommt in Summe wunderbar miteinander aus, traut sich und glaubt sich. Allenfalls ist Ewald Heine mal in Spurenelementen frech gegenüber der Autorität.


    Das Ganze wird dann garniert mit Berlinern, die nicht berlinern, einer Dämonin, die nach eigenen Angaben zwar "älter ist als die Schrift", aber überhaupt nichts Altertümliches in ihrer Sprache oder ihrem Gebaren hat, und natürlich mit dem buzzernden Neonlicht-Pfeil, der hinweist auf: "Er ist schwul! Er ist schwu-hul!"


    Leute, Subtilität ist was Feines, wenn man's denn kann. Aber ihr macht ja kein Hörspiel der feinen Unter- und Zwischentöne, ihr macht (mal wieder) ein glattes Ab-durch-die-Mitte-Hörspiel. Ihr spitzt die Lippen und pfeift dann nicht. Ihr schreibt euch "Ausschweifungen" und "Düsternis" auf die Fahnen und bringt dann einen Schwiegermutterliebling.


    Es gibt keinerlei innere oder äußere Konflikte, keine Animositäten, keine Ecken, keine Kanten, nichts Kontroverses. Der Polizist hat nicht die Haltung: "Ich finde deinesgleichen widerlich, Heine!" und Heine hat nicht die Haltung: "Ich hasse dich, du schikanöses Bullenschwein!"


    Toleranz und Diversität in allen Ehren, aber das geht doch auch ohne den Holzhammer à la: "Eine Frau! Eine emanzipierte Frau!" oder eben: "Ein Homo, ein Homo!"


    Ja, ich verstehe, man muss in der ersten Folge die Figuren und die Story etablieren, aber, lieber Himmel, ihr habt acht Folgen Zeit, eure Charaktere zu erzählen! Und es scheint jetzt nicht so, als wäre die Geschichte so überkomplex und so voller historischer Details, dass dafür kein Raum bliebe.


    Leute, ich bitte euch inständig, traut euch doch mal was! Wenn ihr die zigste Version eines Dämonenjäger-Hörspiels nach bewährtem Muster machen wollt, bitte schön, dann macht cozy crime für die Ohren mit ein bisschen Gänsehautfaktor, den man beim Bügeln, Autofahren oder zum Einschlafen hören kann. Dagegen ist nichts einzuwenden.


    Aber wenn ihr unausgesprochen das Schlagwort "Anspruch" in der Monstranz vor euch hertragt, wenn ihr mir kommt mit "historischem Vorbild" und so einem Kram, dann werdet dem auch gerecht. Dann erwarte ich mal einen sperrigen, gebrochenen Charakter, paranoid durch Drogenkonsum und/oder ein Leben als unterdrückte Minderheit. Ob sich das dann rein als Verbitterung und Zynismus ausdrückt oder eher in der elitären Süffisanz eines Oscar Wilde oder in einer chaotischen Mischung aus beidem - egal. Dafür habt ihr dann ja den Hanns Heinz Ewers als Vorlage.


    So, und jetzt klickt auf "Gefällt mir", wie ihr bei jedem Beitrag zu euren Hörspielen auf "Gefällt mir" klickt. Rant Ende.

  • Hi PedSchi - danke für deine klaren Worte und die deutliche Kritik! Schade, dass du unseren Ewald Heine als so oberflächlich und fantasielos wahrnimmst. Wir bewegen uns bei unseren Hörspielen oft auf einem schmalen Grat, wir versuchen anspruchsvolle und spannende Werke zu produzieren, ohne dabei die Zugänglichkeitsschwelle zu hoch zu legen. Dein hartes Urteil können wir deswegen auch nur bedingt teilen und die ein oder andere Reminiszenz an den originalen Hanns Heinz Ewers und seine Werke haben wir auch in unserem Ewald Heine unterbringen können - ganz subtil und ohne den Holzhammer … ;-)

  • Habe soeben Folge 10 abgeschlossen.


    Erst mal muss ich sagen, dass ich in Folge eins sehr überrascht war. Ich hatte mit etwas völlig anderem (düstereren) gerechnet, habe aber auch ehrlich gesagt weder Klappentext noch Beschreibungen gelesen. Rein vom Titel her hätte ich diesen sarkastischen Unterton nicht erwartet.


    Was mir nicht gefallen hat:

    Das Zusammenspiel der Charaktere ist bestenfalls holprig. Bis Folge 8 oder 9 fiel es mir sehr schwer, die Beziehungen der einzelnen Charaktere zueinander zu fassen. Man hat als Rollen einen Haufen Solisten, die kein Gefüge ergeben. Ich musste an Pen & Paper Rollenspiele denken, wenn am ersten Abend alle Zusammentreffen und dann gemeinsam losziehen. Jeder bastelt sich seinen Charakter und die Wechselbeziehungen ergeben sich dann aus den folgenden Abenteuern. Warum aber genau diese Personengruppe sich zusammenfindet und dann gemeinsam Ziele verfolgt ist erst mal wurscht - man will ja zusammen spielen. Bei Ewald Heine funktioniert das für mich nicht. Weder, warum die Dämonin sich bei Ewald so gut aufgehoben fühlt, warum Ewald seine Besesseneheit als normal abtut bzw. völlig unbeeindruckt damit seinen Alltag beschreitet, noch, warum jetzt für den Kommisar Ewald so eine entscheidende Rolle spielt, dass man mit ihm ein Team bildet.


    Die Serie wirkt auf mich wie am Reißbrett entwickelt (20er Jahre, Geisterjäger, besessen, schwul) und dann drauf los geschrieben, ohne zu wissen, wo man am Ende landet.


    Die Rolle der Dämonin bleibt dabei für mich das haupte Problem. Das dauerthaft laszieve, überhebliche und kommentierende nervt. Die Rolle ist so angelegt, ja, bekommt aber so großes Gewicht, dass es mich wirklich gestört hat. Das färbt dann auf die Tonalität der kompletten Serie ab, durch die dauernden Einwürfe wird der Erzählfluss gestört. Häufig stehen die Aussagen von Likho einfach leer im Raum und es entsteht selten Dialog. Auch Ewald ist mir eine Spur zu "cool", um noch wirklich sympatisch zu sein und da wird es dann auch schwer, die Serie zu mögen, wenn man (ich) zu keinem der Charaktere Sympathie aufbauen kann. Das wirkt sich dann nicht nur auf die Rollen aus, sondern auch auf die Zeit, in der alles spielt. Das Verhalten wirkt auf mich nicht authentisch. Wenn Likho Sätze sagt wie "...und jetzt: Showtime!" ist mir das gefühlt zu modern. Insagesamt kommt für mich wenig 20er-Jahre Feeling auf.


    Was mir gefallen hat:

    Die Erzählstruktur in Halbstündern war bei den ersten Folgen etwas dünn, wird hinten raus aber besser gefüllt, das hatte dann guten Flow. Die Idee einen übernatürlichen Ermittler ins Berlin der 20er zu setzen finde ich prinzipiell auch nicht verkehrt, vielleicht mit Cthulhu-Vibes gehofft. Weniger Überheblichkeit in den Rollen, dafür gerne düsterer.


    Eine Serie, die ähnlich angelegt ist und bei der es meiner Meinung nach sehr gut funktioniert, sind die "Märchen und Verbrechen". Die sind zeitlich gut einsortiert, passen sprachlich, können Bezug aufbauen und binden das "Monster of the week" sehr clever in die Folgen und historisch auf zwei Ebenen ein.

  • Um das noch mal in aller Deutlichkeit und vielleicht etwas mehr Abgewogenheit zu sagen, lieber WDR Hörspiel: Es ist euer Hörspiel und nicht meines und es würde mich entsprechend wundern, wenn ihr nicht hinter eurem Werk stündet.


    Und grundsätzlich habt ihr ja was geschafft: Man recherchiert Hanns Heinz Evers und erweitert so sein Wissen. Gut, dabei kommt man möglicherweise zu dem Schluss, dass er so "in Vergessenheit geraten" gar nicht ist, immerhin gibt es einen sehr ausführlichen Wikipedia-Eintrag zu ihm und einen DLF-Podcast über Evers als "Stephen King des Kaiserreichs", aber es sei. Sein Publikum zu inspirieren und zu motivieren finde ich aller Ehren wert.


    Und rein marketingtechnisch habt ihr es geschafft, das Hörspiel hier zu platzieren, zu promoten, für Diskussionen zu sorgen. Einzelne Leute haben die zehn Folgen in Gänze gehört, um "mitreden" zu können. Das heißt, Klickzahlen, Verweildauer und "Engagement" stimmen, euer Hörspiel schnippst in den Charts nach oben, der Erfolg ist da und die zweite Staffel kann in Auftrag gegeben werden. Da hat sich doch der Einsatz der paar Volontär:innen in diesem Forum richtig bezahlt gemacht. Und wir werden nie erfahren, ob etwaige Verbesserungen in den folgenden Staffeln auf unser Feedback zurückgehen oder von vornherein "so konzipiert waren".


    Sorry, klingt wahrscheinlich jetzt viel böser, als es gemeint ist, aber diese Süffisanz haltet ihr hoffentlich aus.


    So weit es mich betrifft, bin ich aber schlicht enttäuscht. Ich wollte euren "Dämonenjäger" ursprünglich mal abends "nebenbei" hören. Dann habe ich den Teaser gelesen und leuchtende Augen bekommen, weil ich dachte: "Ahaha, wie clever, auf dieses Setting in dieser Konstellation wäre ich nicht gekommen!"


    Leider wurden die bei mir geweckten Erwartungen dann überhaupt nicht erfüllt. Die Gründe wurden hier schon genannt.


    Wenn ich Figuren entwerfe, dann spiele ich die in Gedanken zigfach und immer wieder durch: Wie lernen die sich kennen? Haben sie eine gemeinsame Vorgeschichte? Wie stehen die zueinander? Wo sind die Konfliktlinien? Ich mache lauter Wenn-dann-Szenarien: Wenn Person X das und das sagt, das und das tut, sich so und so verhält - wie wirkt sich das dann aus? Auf die Geschichte, auf die anderen Figuren, auf das Publikum?


    Und das fehlt mir bei eurem "Dämonenjäger" leider. Der wirkt auf mich wie eine Rohfassung. Die Ansätze sind da, aber das ganze Hörspiel ist mir - bei aller Anerkennung der technischen und handwerklichen Arbeit, die darin steckt - nicht ausgefeilt genug.


    Ja, jede Geschichte ist idealerweise Reißbrett. Aber bei euch *hört* man das Reißbrett. Es ist gerade so viel drumherumgestrickt, dass man sagen kann: "Okay, passt ins Budget, passt in den Zeitrahmen, für eine erste Staffel reicht's, schau'n wir mal, was draus wird."