Um das noch mal in aller Deutlichkeit und vielleicht etwas mehr Abgewogenheit zu sagen, lieber WDR Hörspiel: Es ist euer Hörspiel und nicht meines und es würde mich entsprechend wundern, wenn ihr nicht hinter eurem Werk stündet.
Und grundsätzlich habt ihr ja was geschafft: Man recherchiert Hanns Heinz Evers und erweitert so sein Wissen. Gut, dabei kommt man möglicherweise zu dem Schluss, dass er so "in Vergessenheit geraten" gar nicht ist, immerhin gibt es einen sehr ausführlichen Wikipedia-Eintrag zu ihm und einen DLF-Podcast über Evers als "Stephen King des Kaiserreichs", aber es sei. Sein Publikum zu inspirieren und zu motivieren finde ich aller Ehren wert.
Und rein marketingtechnisch habt ihr es geschafft, das Hörspiel hier zu platzieren, zu promoten, für Diskussionen zu sorgen. Einzelne Leute haben die zehn Folgen in Gänze gehört, um "mitreden" zu können. Das heißt, Klickzahlen, Verweildauer und "Engagement" stimmen, euer Hörspiel schnippst in den Charts nach oben, der Erfolg ist da und die zweite Staffel kann in Auftrag gegeben werden. Da hat sich doch der Einsatz der paar Volontär:innen in diesem Forum richtig bezahlt gemacht. Und wir werden nie erfahren, ob etwaige Verbesserungen in den folgenden Staffeln auf unser Feedback zurückgehen oder von vornherein "so konzipiert waren".
Sorry, klingt wahrscheinlich jetzt viel böser, als es gemeint ist, aber diese Süffisanz haltet ihr hoffentlich aus.
So weit es mich betrifft, bin ich aber schlicht enttäuscht. Ich wollte euren "Dämonenjäger" ursprünglich mal abends "nebenbei" hören. Dann habe ich den Teaser gelesen und leuchtende Augen bekommen, weil ich dachte: "Ahaha, wie clever, auf dieses Setting in dieser Konstellation wäre ich nicht gekommen!"
Leider wurden die bei mir geweckten Erwartungen dann überhaupt nicht erfüllt. Die Gründe wurden hier schon genannt.
Wenn ich Figuren entwerfe, dann spiele ich die in Gedanken zigfach und immer wieder durch: Wie lernen die sich kennen? Haben sie eine gemeinsame Vorgeschichte? Wie stehen die zueinander? Wo sind die Konfliktlinien? Ich mache lauter Wenn-dann-Szenarien: Wenn Person X das und das sagt, das und das tut, sich so und so verhält - wie wirkt sich das dann aus? Auf die Geschichte, auf die anderen Figuren, auf das Publikum?
Und das fehlt mir bei eurem "Dämonenjäger" leider. Der wirkt auf mich wie eine Rohfassung. Die Ansätze sind da, aber das ganze Hörspiel ist mir - bei aller Anerkennung der technischen und handwerklichen Arbeit, die darin steckt - nicht ausgefeilt genug.
Ja, jede Geschichte ist idealerweise Reißbrett. Aber bei euch *hört* man das Reißbrett. Es ist gerade so viel drumherumgestrickt, dass man sagen kann: "Okay, passt ins Budget, passt in den Zeitrahmen, für eine erste Staffel reicht's, schau'n wir mal, was draus wird."