ZitatMünchen, 2015
Seit dem Ausbruch des Carnivor-Virus wandeln Untote unter den Menschen. Doch diese Tatsache birgt nicht nur Schrecken, sondern auch Möglichkeiten für die Medienindustrie neue Märkte zu erschließen. Zombiefilme mit “echten” Darstellern und „echten“ Metzeleien boomen und haben den Filmgesellschaften eine neue Blütezeit beschert. Nur die vom Seuchenschutz als Zwangscarnivoren bezeichneten Zombies, die ihren Blutdurst nicht unter Kontrolle haben, werden von einer Spezialeinheit bekämpft. Als das Team um Einsatzleiter Botschinski jedoch versehentlich einen der „Star-Zombies“ der Fetzer-Filmstudios ausschaltet, wird schnell klar, dass es weitaus grausamere Gegner gibt, als die wandelnden Untoten…
Eine Frage direkt zu Beginn: Wie liest sich dieser Klappentext? Für mich schüren diese Zeilen die Erwartung einer überdrehten, satirischen und nicht ganz ernst gemeinten Medienverarsche. Zombies wandeln auf der Erde - klar soweit. Aber dass sich diese von der Filmindustrie zu Nutze gemacht werden um echte Zombiestreifen zu drehen? Haarstreubend!
Und hier stellt sich das Gehörte zum ersten mal gegen meine Erwartungen. Diese Geschichte nimmt sich bitter ernst und ist verstörend blutig. Mit den überzogenen Vorstellungen muss der Hörer selbst fertig werden und bekommt keine Lacher und Anspielungen vorgekaut - der Unterton reflektiert das Gehörte. Ein leichtes Augenzwinkern zum Schluss, fertig. Und was bin ich froh mit dieser Umsetzung, denn auch wenn der Humor in Lauschs B.Ö.S.E. grandios war, hängen Lacher stark von persönlichem Geschmack ab und wurden bisher in Hörspielen jeglicher Machart oft kritisiert - auch von mir.
Beim Stichwort Hörspiel muss aber direkt noch ein anderer Umstand dieser Produktion erwähnt werden. Ein reinrassiges Hörspiel sieht anders aus. Dafür sind die Erzählparts zu ausführlich und ausführend mit denen Jürgen Holdorf durch die komplette Geschichte führt. Richtiger Dialog findet selten statt und vor allem in der zweiten Hälfte des Hörspiel-Lesung-Bastard-Hybriden, im Stile der hauseigenen Produktion Punktown, wird die gebotene Action (so viel sei inhaltich verraten) hauptsächlich durch den Erzähler getragen. Wem's gefällt? Mir persönlich ist ein "richtiges" Hörspiel grundsätzlich immer lieber. Hier bringt der tragende Erzähler allerdings eine komplett eigene Stimmung in die Geschichte, setzt inhaltliche Akzente und Kommentare in seinen Gedankengängen die wohl anders nicht zu realisieren gewesen wären. Auf der technischen Seite macht Lausch nämlich wie bei Punktown auch hier wieder alles richtig. Musik, Geräusche und das komplette Umsetzungspaket von Günter Merlau sitzen, wackeln und bieten kaum Luft nach oben.
Was mich dennoch stört: etwas mehr Hörspiel hätte es schon sein dürfen. Denn auch in die Dialogparts mischt sich immer wieder der Erzähler ein. So bremst sich das Hörstück selber aus, wenn es gerade die Chance hätte etwas mehr Fahrt aufzunehmen. Unterstützt wird dieser Umstand dadurch, dass in meinen Ohren die übrigen Sprecher neben Jürgen Holdorf verblassen, so dass in dessen Rolle kein Schwerpunkt mehr liegt, sondern Übergewicht. Da der Stoff der Erzählung Markus Heitz inhaltlich ohne die Pointen des Einsatzleiters Botschinski nur für eine blutige Kurzgeschichte gereicht hätte bin ich jedoch mit dem Gesamtpaket zufrieden. Wie geschrieben: diese Rolle macht so wie sie angelegt ist Sinn und strägt mit Ergänzungen und Kommentaren einen wesentlichen Teil zum Inhalt der Geschichte bei, sticht jedoch aus der Gesamtproduktion zu stark heraus.
Für Punktown-Fans wohl ein Volltreffer, wer Zombiefilme mag bekommt auch eine klassische Zombiegeschichte, allerdings mit dem Zusatz, dass Markus Heitz in dieser nicht nur Mediensatire sondern auch Hommage zwischen die Zeilen gepakt hat. Wer sich für den Fetzer lediglich aus dem Grund interessiert, das erste HörSPIEL nach Markus Heitz erleben zu dürfen, sei gewarnt und mache sich am Besten mit einer Hörprobe (falls vorhanden, ansonsten noch mal nach Punktown gucken) erst ein Hör-Bild der Erzählart, denn die dürfte nicht jedermanns Sache sein.
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