Markus Heitz - Fetzer (Lausch)

  • Zitat

    München, 2015
    Seit dem Ausbruch des Carnivor-Virus wandeln Untote unter den Menschen. Doch diese Tatsache birgt nicht nur Schrecken, sondern auch Möglichkeiten für die Medienindustrie neue Märkte zu erschließen. Zombiefilme mit “echten” Darstellern und „echten“ Metzeleien boomen und haben den Filmgesellschaften eine neue Blütezeit beschert. Nur die vom Seuchenschutz als Zwangscarnivoren bezeichneten Zombies, die ihren Blutdurst nicht unter Kontrolle haben, werden von einer Spezialeinheit bekämpft. Als das Team um Einsatzleiter Botschinski jedoch versehentlich einen der „Star-Zombies“ der Fetzer-Filmstudios ausschaltet, wird schnell klar, dass es weitaus grausamere Gegner gibt, als die wandelnden Untoten…


    Eine Frage direkt zu Beginn: Wie liest sich dieser Klappentext? Für mich schüren diese Zeilen die Erwartung einer überdrehten, satirischen und nicht ganz ernst gemeinten Medienverarsche. Zombies wandeln auf der Erde - klar soweit. Aber dass sich diese von der Filmindustrie zu Nutze gemacht werden um echte Zombiestreifen zu drehen? Haarstreubend!
    Und hier stellt sich das Gehörte zum ersten mal gegen meine Erwartungen. Diese Geschichte nimmt sich bitter ernst und ist verstörend blutig. Mit den überzogenen Vorstellungen muss der Hörer selbst fertig werden und bekommt keine Lacher und Anspielungen vorgekaut - der Unterton reflektiert das Gehörte. Ein leichtes Augenzwinkern zum Schluss, fertig. Und was bin ich froh mit dieser Umsetzung, denn auch wenn der Humor in Lauschs B.Ö.S.E. grandios war, hängen Lacher stark von persönlichem Geschmack ab und wurden bisher in Hörspielen jeglicher Machart oft kritisiert - auch von mir.
    Beim Stichwort Hörspiel muss aber direkt noch ein anderer Umstand dieser Produktion erwähnt werden. Ein reinrassiges Hörspiel sieht anders aus. Dafür sind die Erzählparts zu ausführlich und ausführend mit denen Jürgen Holdorf durch die komplette Geschichte führt. Richtiger Dialog findet selten statt und vor allem in der zweiten Hälfte des Hörspiel-Lesung-Bastard-Hybriden, im Stile der hauseigenen Produktion Punktown, wird die gebotene Action (so viel sei inhaltich verraten) hauptsächlich durch den Erzähler getragen. Wem's gefällt? Mir persönlich ist ein "richtiges" Hörspiel grundsätzlich immer lieber. Hier bringt der tragende Erzähler allerdings eine komplett eigene Stimmung in die Geschichte, setzt inhaltliche Akzente und Kommentare in seinen Gedankengängen die wohl anders nicht zu realisieren gewesen wären. Auf der technischen Seite macht Lausch nämlich wie bei Punktown auch hier wieder alles richtig. Musik, Geräusche und das komplette Umsetzungspaket von Günter Merlau sitzen, wackeln und bieten kaum Luft nach oben.
    Was mich dennoch stört: etwas mehr Hörspiel hätte es schon sein dürfen. Denn auch in die Dialogparts mischt sich immer wieder der Erzähler ein. So bremst sich das Hörstück selber aus, wenn es gerade die Chance hätte etwas mehr Fahrt aufzunehmen. Unterstützt wird dieser Umstand dadurch, dass in meinen Ohren die übrigen Sprecher neben Jürgen Holdorf verblassen, so dass in dessen Rolle kein Schwerpunkt mehr liegt, sondern Übergewicht. Da der Stoff der Erzählung Markus Heitz inhaltlich ohne die Pointen des Einsatzleiters Botschinski nur für eine blutige Kurzgeschichte gereicht hätte bin ich jedoch mit dem Gesamtpaket zufrieden. Wie geschrieben: diese Rolle macht so wie sie angelegt ist Sinn und strägt mit Ergänzungen und Kommentaren einen wesentlichen Teil zum Inhalt der Geschichte bei, sticht jedoch aus der Gesamtproduktion zu stark heraus.


    Für Punktown-Fans wohl ein Volltreffer, wer Zombiefilme mag bekommt auch eine klassische Zombiegeschichte, allerdings mit dem Zusatz, dass Markus Heitz in dieser nicht nur Mediensatire sondern auch Hommage zwischen die Zeilen gepakt hat. Wer sich für den Fetzer lediglich aus dem Grund interessiert, das erste HörSPIEL nach Markus Heitz erleben zu dürfen, sei gewarnt und mache sich am Besten mit einer Hörprobe (falls vorhanden, ansonsten noch mal nach Punktown gucken) erst ein Hör-Bild der Erzählart, denn die dürfte nicht jedermanns Sache sein.


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  • Ein unbeteiligter Erzähler beobachtet einen Zombie bei seinem splattrigen Mahl. Mehrere Schulmädchen werden von diesem gerade brutalst auseinander genommen. Solange bis eine bewaffnete Frau auf dem Hinterhof auftaucht und dem grausigen Schauspiel ein Ende bereitet. Doch, was sie damit ausgelöst hat, ist ihr in diesem Moment nicht klar. Das soll erst wenig später klar werden.


    Meine anfängliche Befürchtung hat sich leider bestätigt: bei Fetzer handelt es sich nicht wirklich um ein Hörspiel, wie man es sonst von Lausch kennt, sondern vielmehr um eine inszenierte Lesung mit Hörspielsprengseln im Stil von Punktown. Als Erzähler tritt Jürgen Holdorf in Erscheinung. In der ersten Szene scheinbar völlig unbeteiligt, um später in die Ich-Perspektive zu wechseln, was doch ein wenig merkwürdig erscheint. Da hätte es sich durchaus angeboten, auf zwei unterschiedliche Erzähler zu setzen - allein um hier logischen Problemen aus dem Weg zu gehen, welche mit der hier gewählten Variante einhergehen.


    Für etwas, das sich als Hörspiel deklariert, ist das Ergebnis letztlich doch enttäuschend, denn natürlich erwartet man als Hörspielfan, der schon einige richtige Hörspiele von Lausch konsumiert hat, auch entsprechendes. Da reicht es eben nicht aus, wenn man ein paar Rollen verteilt und mit unterschiedlichen Sprechern besetzt. Zu dominant ist der Part des Erzählers, als dass sich das typische Hörgefühl eines Hörspiels einstellen mag. Man kann zwar absolut keinem der Sprecher vorwerfen, die jeweilige Rolle nicht mit vollem Einsatz auszufüllen, schon gar nicht Jürgen Holdorf, der als Erzähler den umfassendesten Auftritt inne hat und diesen sehr überzeugend bewältigt, doch eine wirkliche Interaktion zwischen den einzelnen Akteuren stellt sich viel zu selten ein. Vor allem, weil man zusätzlich noch den Fehler begeht, den Erzähler zum Teil die direkten Dialogtexte durch Anhängsel wie "holte sie aus" ergänzen zu lassen. Und das geht meines Erachtens nach leider GAR nicht.


    Doch widmen wir uns der Frage, was eigentlich überhaupt inhaltlich geboten wird.
    Nicht nur in den allerersten Minuten geht es reichlich splattrig zur Sache. Das apokalyptische Szenario wird seitens Markus Heitz eher auf eine krotesk-abartige Weise dargestellte, die man zweifellos als krank bezeichnen kann. Und genau dies zu betonen ist Kern-Absicht dieser Erzählung. Eine bitterböse Abrechnung mit manch zweifelhaftem Programmangebot der heutigen Medienlandschaft. Eine Thematik also eigentlich genau passend zum restlichen Lausch-Programm, in dem sich auch sonst nicht gerade alltägliche Stoffe wiederfinden.
    Als allzu ergiebig erweist sich die Handlung abseits davon allerdings nicht. Würde man die umfassend schildernden Erzählerparts auf das Hörspiel-übliche Maß reduzieren, bliebe außer der Medienkritik kaum mehr als ein wenig Zombiejagd - was man natürlich auch so erwartet.


    Ich möchte nicht sagen, dass dies nicht über einen gewissen Unterhaltungswert verfügt, meine persönlichen Erwartungen wurden aber nicht so ganz erfüllt.


    Wie man es auch von "Punktown" her kennt, ist die Untermalung mit Geräuscheffekten und Musik sehr reichhaltig. Diesbezüglich kann man Lausch eigentlich keinen Vorwurf machen, nicht detailliert gearbeitet zu haben. Bei der Musik hat man sich weniger für die melodiöse Variante entschieden, sondern für eine, die man wirklich nur zur Untermalung im Hintergrund sinnvoll einsetzen kann. Dies aber passend zur Thematik dieses "Hörspiels". Am Ende steht zudem ein ungewöhnlicher Song, der aber angesichts der ohnehin schon außergewöhnlichen Thematik einen gelungenen Abschluss zu setzen vermag.


    Fazit: es kommt wohl ganz auf die Perspektive an: erwartet man eine inszenierte Lesung, dürfte einen das gebotene durchaus zufrieden stellen, wer aber ein Hörspiel erwartet, könnte - wie ich - ziemlich enttäuscht werden. Ich möchte nicht sagen, dass die Erzählung nicht unterhaltsam ausgefallen ist, aber die Erwartungen gerade an ein angekündigtes Lausch-HörSPIEL sind einfach um einiges höher. Somit überwiegt am Ende vor allem die Enttäuschung.



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  • Wir schreiben das Jahr 2015 und Zombies wandeln unter den Menschen! Das Carnivor-Virus hat Menschen in Untote verwandelt, was eigentlich schon schrecklich genug ist, doch die perfide Medienindustrie zieht aus dem Schrecken seinen Nutzen und macht die intelligentesten Zombies zu untoten Filmstars. Eines Tages begeht das Team um Einsatzleiter "Bot" Botschinski (Jürgen Holdorf) einen folgenschweren Fehler und vernichtet einen dieser "Stars"! Dadurch wird ein große Geschäft gleich mitzerstört und die Filmindustrie hat "Bots" Team im Fokus. Sie sollen dafür bezahlen und das auf eine recht ungewöhnliche Art und Weise!


    - Meinung -


    Nachschub aus dem Hause Lausch und für dieses Werk hat man sich den bekannten Fantasyautor Markus Heitz angelacht. Er hat diese Geschichte verfasst und sich das Trendthema aus den USA zur Brust genommen, die lieben Untoten. Die ganze Sache wird in das München der Zukunft verlagert und die Medienkonzerne haben noch mehr Macht, als sie ohnehin schon haben. Zombies als Filmstars, eine amüsante Idee und sonderlich weit von der Realität ist diese auch nicht unbedingt entfernt, tummeln sich ja gerne mal diverse Hirntote durch Sendungen wie DSDS und Co., um gleichzeitig auch die Massen erfreuen. Wie dem auch sei, die Grundidee an sich ist gut, die Ausführung hätte ruhig noch deutlich böser sein dürfen, für meinen Geschmack wird die Thematik nur an der Oberfläche angekratzt, das hätte gerne noch deutlich makabrer, schwarzhumoriger und düsterer erzählt werden können. Des Weiteren stört mich auch die Bearbeitung, hat diese Produktion eher etwas von einer inszenierten Lesung, als von einem Hörspiel, habe ich mich aber vor allem auf ein solches gefreut. So werden 67 Minuten nicht gerade zimperliches Zombiegemetzel präsentiert, aber leider mit recht wenig Tempo, von dem ich doch gerne deutlich mehr gehabt hätte. Inhaltlich eine ordentliche Sache, doch da war mächtig Potential für mehr drin.


    Den Großteil des Textes hat Jürgen Holdorf zu meistern, der hier den Teamleiter "Bot" spricht und das macht er auch ziemlich gut, an seinem Talent habe ich auch zu keinem Zeitpunkt gezweifelt. Nur ist es dennoch eher eine inszenierte Lesung, er erzählt alles aus seiner Perspektive, unterbricht auch immer wieder die Hörspielszenen und so nehmen seine Einsätze der Produktion nahezu die gesamte Dynamik. Das hätte man also definitiv anders lösen müssen, wirklich schade. Ich bin mir auch sicher, dass es nicht an den anderen Sprecherinnen und Sprechern gescheitert wäre, denn die verstehen ebenfalls ihr Handwerk, keine Frage. Katharina von Daake, Dorothea Hagena, Ranja Bonalana, Gwenyth Dimonye, Uwe Hügle, Wolfgang Berger und Regisseur und Produzent Günter Merlau persönlich mischen hier noch mit, an der Riege und den dazugehörigen Leistungen gibt es jedenfalls nichts auszusetzen und alle bringen ihre Rollen überzeugend rüber. Von daher hätte es mir umso mehr gefallen, wenn das Talent aller Beteiligter in Form eines richtigen Hörspiels deutlich mehr ausgeschöpft worden wäre.


    Die Untermalung stimmt dafür absolut, da gibt es nicht mal ansatzweise etwas zu beanstanden. Düstere Klänge, druckvolle Sounds, die Zukunft klingt dunkel und genau so soll es auch sein. Günter Merlau und Frieder Schölpple lassen München 2015 gekonnt aufleben und es dürfte den Hörern kaum schwer fallen, sich dieses Szenario vorstellen zu können.


    Für das Auge gibt es auch noch etwas, denn die Produktion wird in einem schmucken, schwarzen Digipak ausgeliefert. Lediglich das Booklet hat mich ein wenig enttäuscht, ein paar mehr Infos als nur einen kurzen Kommentar von Markus Heitz und die Produktionsinfos und Sprecherliste wären schon schön gewesen.


    Schade, Potential hat die Story eine ganze Menge, nur wurde daraus leider zu wenig gemacht. Wie gesagt, es handelt sich hier eher um eine inszenierte Lesung und wer damit kein Problem hat und zum Beispiel auch Punktown mochte, der dürfte sich hier gut und spannend unterhalten fühlen, alle anderen dürften eher enttäuscht sein. Meiner Meinung nach nur solide, mehr nicht.