Hochspannendes Thema, mit dem ich mich zwangsläufig immer wieder befasse(n muss). Was ist eigene Meinung, was ist objektive Darstellung. Schließlich wäre es unfair, ein Hörspiel abzuwerten, nur weil die persönliche Vorliebe nicht dem ansonsten perfekten künstlerischen Handwerk entspricht Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, ein Werk so zu beschreiben, dass der Leser einer Rezension (die häufig bei mir auch eine Beschreibung des Werkes und seiner Umsetzung ist) für sich selbst entnehmen kann, ob ihm etwas gefällt oder nicht. Klappt aber nicht immer
Problem: einfach nur beschreiben ist öde, das liest keiner. Aber zu bewerten führt dazu, dass der eine (mit ähnlichem Geschmack) sagt "absolut d´accord, seh ich ganz genauso, Du hast Recht" und ein anderer "Schwachsinn, völliger Humbug, scheint Du hast was ganz anderes gehört als ich". So passiert es, dass fünf Rezensenten fünf verschiedene Meinungn von 1 bis 5 Sterne abliefern, obwohl sie alle dasselbe gehört haben.
Was man klar beschreiben kann ist objektiv: ist der Klang dumpfer oder heller. Geschehen am Anfang viele Dinge bis hin zum Ende oder passiert am Anfang nur sehr wenig. Entspricht die Geschichte der Buchvorlage (sofern vorhanden) oder nicht. Hat man Synchronsprecher gewechselt zur vorherigen Episode, gab es doppelte / verpatzte Takes, wer ist der Autor des Skriptes, wer der Komponist. Ist die Musik laut oder leise. (Ob sie nun Spannung erzeugt - das ist wieder subjektives Empfinden)
Das alles ist objektiv. Aber wie gesagt, sowas will keiner lesen, das ist staubtrocken. Und über sowas unterhält man sich auch nicht mit Freunden oder im Forum. (glaubt mir - ich habe es oft versucht, ich liebe diese Art der Diskussion. Klappt nur nicht, die Leute wollen nicht zuhören, das langweilt sie. Wie ich schmerzlich oft erfahren durfte *ggggg*)
Man sagt nicht "am Anfang passiert nur ganz wenig. Die Handlung wird schrittweise eingeleitet, immer mehr Hinweise werden gestreut, bis sich dann am Ende alles zusammenfügt und zack der Showdown". Das wäre relativ objektiv.
Sondern man sagt "es passiert nichts, am Anfang schläft man regelrecht ein, und dann auf einmal verschießen sie ihr ganzes Pulver und wecken alle auf, die vor einer halben Stunde eingeschlafen sind. Ganz ungeschickt im Storyaufbau, hätte man besser machen können". Oder man sagt "die Spannung baut sich langsam auf, immer mehr gibt es erste Ahnungen, man kann das Kribbeln regelrecht spüren, obwohl kaum etwas passiert, und dann endlich löst sich die Spannung mit einem riesigen Knall. Herrlich, wie der Autor das aufgebaut hat, subtil und perfekt getimed"
Und das Problem an der Sache: beide Hörer haben das gleiche Stück gehört, nur der eine fand das (langsame Einleitung, nur wenige Hinweise, Showdown) öde und hätte sich mehr Action gewünscht, der andere fand diese klasse und bezeichnet genau dieses Element als Kunstgriff und großartiges Werk. DAS ist dann subjektiv.
Ich denke, wirklich rein objektiv kann niemand etwas beschreiben. Denn allein die Formulierung ist eine Wertung. Es ist ein Unterschied, ob ich sage "die Handlung beginnt schleichend, die Beklemmung steigert sich unmerklich und subtil" oder "zu Beginn passiert kaum etwas, aber langsam kommt er endlich in Fahrt", das erste klingt nach positivem Stilmittel, das zweite klingt nach stinklangweiliger Umsetzung.
In dem Moment, wo ein Mensch einen Satz formuliert, ist es also nicht mehr objektiv, denn Worte haben in der Regel immer eine positive oder negative Konnotation, ob man will oder nicht. Aber man kann versuchen, sogut als möglich etwas zu beschreiben und dem Leser / Hörer die Möglichkeit geben, sich seine eigene Meinung zu bilden.