Quo vadis Hörspiel?

  • Geht es nur mir so, oder merkt ihr auch wie es mit dem Hörspiel langsam bergab geht? Ich bin mit 41 das typische Kassettenkind, das Anfang der 2000er durch Zufall und John Sinclair wieder den verlorenen Hörspielfaden aufgenommen hat. Es begann toll, denn ich rutschte in die Zeit von Europas Rückkehr der Klassiker und erlebte vieles "von damals" nochmal und entdeckte Serien wie Macabros, die ich als Kind links liegen gelassen hatte neu. Es gab viel zu entdecken und die Auswahl schien riesig. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Serien wie Gabriel Burns kamen und veränderten (zumindest für mich) alles was ich über das Medium Hörspiel zu wissen glaubte und neue Labels wie z.B. Lausch setzten das fort. Ich hatte das Gefühl das sich nicht nur die Menge der Produktionen, sondern auch deren Qualität immer weiter steigerte. Davon ist im Jahre 2018 für meine Begriffe nicht mehr viel geblieben. Kleine Label gibt es gefühlt überhaupt nicht mehr. Klar Polaris produziert noch tapfer 2-3 Takimos im Jahr, aber wenn man sich mal unter dem Reiter label:direct in diesem Forum umsieht, wird man wissen was ich meine. Die Vielfalt ist ein wenig verloren gegangen und ganz ehrlich, für mich persönlich auch etwas die Qualität und die Ehrlichkeit im Business (z.B. Crowdfunding). Wenn ich heute in den Saturn gehe, bekomme ich nur noch sämtliche Sinclairs, Sherlock Holmes, die drei ??? und (warum auch immer) Trash wie die Geister Schocker und Dreamland Grusel. Alles andere ist weg oder es existieren mal 2-3 versprengte CDs (ohne Anspruch auf Aktualität). Habe ich früher noch locker 10-15 (und manchmal auch mehr) Produktionen im Monat gekauft, so ist das die letzten 2 Jahre eher mein Jahrespensum geworden. Es packt mich so gut wie nichts mehr und ich beginne mich zu fragen, liegt es an mir oder ist mein Desinteresse mit der Veränderung des Hörspielmarkts langsam aber stetig gewachsen. Wie geht es euch? Empfindet ihr 2017 als genauso guten Hörspieljahrgang wie etwa 2005? Seit ihr immer noch genauso investiert, oder spürt ihr auch Abnutzungserscheinungen?

  • Ich merke nichts davon, es verlagert sich halt.


    Es wird halt immer mehr gestreamt und was soll man die Streams in den Handel stellen. ;)


    Es wird immer weniger auf CD veröffentlicht, ergo kann man davon auch weniger kaufen, aber die Produktionen an sich werden nicht weniger, das kann dir auch mein Auftragsbuch bestätigen.

  • Du stellst ja im Kern zweit Fragen: Gibt es weniger CDs/Hörspiele & höre ich weniger als vor 10, 15 Jahren?


    Da ich noch nie CDs in grossem Umfang gekauft oder gesammelt habe stelle ich kaum Veränderungen fest. Streams, Radio, Download-da gibt es quantitativ und qualitativ viel. Fuer mich ist das ein bisschen wie jammern, dass frueher die gedruckte Tageszeitung irgendwie besser war-die vermisse ich auch ueberhaupt nicht. Und solange es einen Markt gibt der gefuehlte 50 Sherlock Holmes Hörspiele im Jahr aufnimmt kann es sio schlimm nicht sein-also Verlagerung ins Digitale wie Blitz schreibt.


    Ich habe uebrigens keine Kinder, aber was bei Bekannten an Conny- und ähnlichen CDs rumfliegt ist schon beachtlich-echte Kinder-Hörspiele und natuerlich Hoerbuecher gibt es in rauen Mengen.Punkies, Teufelskicker, Drei ??? Junior, Kati Pferdemist-der Ausstoss is gewaltig-definitv mehr als frueher.


    Aber ich höre das natuerlich nicht/kaum. So ein laffer Radio-Krimi ist eine Stunde Lebenszeit weg; ich brauche auch keine 100 Gruselkabinette oder einen Sherlock Holmes der die Auflösung furzt ;). Ach, die neueste Drei Fragezeichen Folge ist mittelmässig?!?


    Ich bin ehrlich froh, dass es hier eine community gibt, wo ich Angebote und Tips bekomme. Aber so ein Feuer der Leidenschaft brennt da nicht-es fehlen die grossen Projekte, die Serien die man komplett hören muss usw. Aber das ist ja nicht das Ende der Welt...

  • Ich spüre eindeutig Abnutzungserscheinungen, was die Serie angeht, die mich zum Hörspiel- und Kassettenkind gemacht hat. Die letzten beiden ???-Folgen habe ich schlicht verpennt, mir dann neulich nachgekauft - und komme und komme trotzdem nicht dazu, sie mir mal durchgängig anzuhören. Die Qualität ist einfach zu schlecht. Ansonsten hat sich mein Hörspielkonsum in den letzten Jahren durch bessere und erwachsenere Produktionen (MindNapping, Das Schwarze Auge, Gruselkabinett, Mord in Serie oder auch mal eine gute Einzelproduktion wie "Narbenhaut") eher verstärkt, wobei ich grindsätzlich nie ein Vielhörer gewesen bin. Würde ich mal Downloads oder Streaming für mich erschließen, denke ich, dass sich das eher sogar noch steigern würde, einfach mal ein Hörspiel einmalig oder bei Bedarf im Stream anzuhören, ohne dass es bei mir im Regal Platz wegnimmt und Staib ansetzt.

  • Es wird immer weniger auf CD veröffentlicht, ergo kann man davon auch weniger kaufen, aber die Produktionen an sich werden nicht weniger, das kann dir auch mein Auftragsbuch bestätigen.


    Subjektiv in deinem Auftragsbuch oder objektiv die Menge der Releases im Jahr?
    Ich freue mich, wenn es bei dir läuft und eine Serie wie MindNapping hat den Erfolg auch qualitativ verdient, aber vor ein paar Jahren noch hatte ich immer mindestens 5+x aktuell laufende Serien, wo ich blind zum Release gekauft hab. Heute läuft noch mein Takimo-Abo und sonst kauf ich mal dies und mal das. Der Sammelaspekt ist bei mir total weg. Wenn mal wieder was Gutes dabei ist aboniere ich eine Zeit lang Audible oder Amazon Music Unlimited, binge mich durchs Programm und kündige wieder. Aber das kanns doch auch nicht sein (gerade aus Produzentensicht).

  • Ich rede von meinem Auftragsbuch, nicht von MindNapping. Das ist keine Auftragsarbeit.


    Du schließt von dir auf den Markt und das ist einfach falsch. Du bist nicht der Markt. Jedenfalls nicht der gesamte.


    Dass der Sammelaspekt weg sein mag, das kann ja gut sein, aber was sagt uns das, was ändert das?


    Stumpfes Wegkonsumieren ist halt an der Tagesordnung.

  • Ist mir schon klar das MindNapping keine Auftragsarbeit ist. Ist aber ein gutes Beispiel für eine qualitativ hochwertige Reihe, die man sehr wohl noch physisch sammeln kann. Wollte dir nicht auf den Schlips treten, in dem ich das mit deinen Auftragsarbeiten als Regisseur vermische. Ich trete dir hoffentlich nicht wieder auf den Schlips, wenn ich frage ob es aus deiner Sicht wirklich Sinn macht (für dich der davon lebt) das ich heute die Wahl habe, ob ich für ca. 9€ eine MindNapping Folge auf CD kaufe, für ca. 7€ downloade, oder aber im kostenlosen Probemonat bei Audible sogar die aktuelle Folge 30 einfach neben 100 anderen Produktionen hirn- und bezugslos weghöre. Ich sehe mich auch nicht als "den Markt". Wie vermessen wäre das? Darum hab ich ja dieses Thema gestartet. In meinem Umfeld sind Hörspiele kein Thema. Wo sonst sollte ich sinnvollere Antworten auf die Frage wo das Hörspiel wohl hingeht bekommen als hier? Stumpfes Wegkonsumieren sollte zumindest hier noch nicht an der Tagesordnung sein. Es geht mir auch nicht darum alles schlecht zu machen. Ich wollte nur Feedback um mich ein bisschen spiegeln zu können. Es ist ja durchaus möglich das Hörspiele für mich nur eine bzw. mehrere Phasen waren und es andere Gründe hat warum ich heute alles so kritisch sehe.

  • Mal schauen, wie lange man die noch physisch sammeln kann. Denn die müsste überhaupt mal gekauft werden, wo ist mir da relativ egal. ;) Für mich zum absoluten Hobby mutiert und ebenfalls nicht repräsentativ für den Markt.


    Der sich nicht nur selbst, sondern auch durch das Kaufverhalten mehr oder weniger hingerichtet hat. Geiz ist geil, immer die gleiche Pampe etc. Aber Hauptsache am Ende des Tages pupsen drei Ü50-Juniordetektive aus den Boxen. ;)


    Wie teekay sagte, Du stellst zwei Fragen...weniger CDs? Bestimmt. Ob Du weniger hörst, kannst auch nur Du selbst beantworten. ;) Ich höre aus anderen Gründen mehr oder weniger gar nichts mehr.

  • Was ich definitiv skeptisch sehe, ist das, was Hardcore-Kapitalisten so gern euphemistisch "Marktbereinigung" nennen. Wenn Produktionen mangels Erfolg verschwinden - okay, mag man im jeweilgen Fall bedauern oder auch nicht. Wenn allerdings durch Übernahmen und Fusionen letzten Endes "die immer gleiche Pampe" entsteht, ist das für mich freie Marktwirtschaft ad absurdum geführt. Auch freue ich mich, wenn Leute das machen, wozu Europa nicht willens oder in der Lage ist, nämlich etwa Jugend-Detektivserien wieder aufleben zu lassen und dabei frische, jugendliche Sprecher und moderne Produktionstechnik einzusetzen. Unschön finde ich es freilich, wenn Hörspielproduktionen, sagen wir mal, wenig Mut zu Neuem und wenig Eigenes haben und mit einem Autor und höherem Durchsatz das gemacht wird, was andere mit verschiedenen Autoren, mehr Anspruch und entsprechend geringerer Veröffentlichungssequenz qualitativ besser machen.

  • Ich habe mich tatsächlich von den letzten beiden Seiten das zuletzt gekauft Threads inspirieren lassen und habe mir gestern in der Nacht noch Jan Weilers eingeschlossene Gesellschaft und Roch (Herr Gailus fiel mir bereits mit Glashaus sehr positiv auf) bestellt. ^^

  • Aus meiner ganz persönlichen Sicht kann ich eine "Marktbereinigung" nur gutheißen.


    Wenn die siebzehnte "Sherlock Holmes" Reihe angespült wird, die dreizehnte "Edgar Wallace"-Tasse aufgegossen wird, zum hundertsten Male Grusel und Gänsehaut auf den Markt geschmissen wird, dann habe ich den Eindruck, dass es irgendwann kollabieren wird mit den Hörspielen.


    Genauso langweilig finde ich die ganzen Klassiker, wie sie zum Beispiel Holysoft verramscht.


    Von Radio-Hörspielen habe ich zuwenig Ahnung, viel Kunst-Kacke oder Krimis, für die mir leider die Zeit zum Hören fehlt.


    Die ??? interessieren mich schon lang nicht mehr so richtig. Mittlerweile nur ein Glücksspiel, ob da eine neue Folge gut ist oder einfach nur untere Mittelklasse.


    John Sinclair halte ich die Treue, mittlerweile gefallen sie mir wieder richtig gut, die Folge 100 war für mich eine positive Zäsur.


    Schade, dass man Tony Ballard nicht ähnlich qualitativ gut auf den Markt schmeißt (und ich stoße hier nur sehr ungern in das Horn der beiden Kleinkunst-Stricher aus Osnabrück), sondern eher unbeholfen Murks bastelt.


    Genauso sehe ich das bei Larry Brent. Macabros, Larry Brent und Tony Ballard auf Sinclair-Produktionsniveau.......... das fände ich toll (steht für mich auch in keinem Widerspruch zu meiner Aussage oben!).


    Einer der wenigen wirklichen Neuerer ist für mich MindNapping und natürlich der Giallo aus dem Hause Holtheuer.


    Anyway.......... Hörspiele, gute und weniger gute, wird es immer in dieser Nische des Hörbuches geben. Und das ist auch gut so.

  • @Sonny: na irgendwie ist da dann doch ein Widerspruch, wenn Du monierst, dass man immer das gleiche und Alte nicht braucht, Du aber eigentlich nur besser gemachte Grusel-Serien haben willst. :D


    Quo vadis? Keine Ahnung...ich lass mich treiben. Das schwankt bei mir immer nach Tageslaune und Zeit, in welcher Richtung ich was hören will, welches Thema mit, sagen wir mal, welchem Grad von "Anspruch", was auch immer man genau unter Anspruch verstehen will. Da lob ich mir die aktuell herrschende Vielfalt. Es gibt nichts, was es nicht gibt, heisst es so schön.


    Zugegeben, für mich ist das Meiste, das auf CD gebannt wird nix mehr. Das betrifft vor allem viele Serien, gruseliges und krimiartiges. Mit Sicherheit alles nicht wirklich schlecht, aber der Markt ist so groß, da kann man nach Lust und Liebe aussuchen. Und für selbst für die 17. Holmes-Hommage scheint es ja noch Interessenten zu geben. Tangiert mich dann insofern nicht, dass ich weit mehr als genug anderen Hörstoff habe, der mich interessiert (und sich hier stapelt). Wäre das nciht der Fall, würde ich wohl anders reagieren, aber ich glaube, das wird in diesem Leben nicht mehr passieren. :D

  • @Sonny
    Die Marktbereinigung hat schon stattgefunden und Labels wie Lausch, Decision oder Lübbe sind raus, während Dreamland, R&B oder Romantruhe fleißig weiter uninspirierte (Grusel-)B-Ware runterkurbeln. Gefühlt hat seit 2016 kein Indielabel mehr etwas rausgebracht (den Fluch lasse ich als Projekt das 2013 per CF angestoßen wurde mal nicht zählen) und Captain Blitz bezeichnet MindNapping ein paar Posts vorher quasi als reines Hobby, was den finanziellen Ertrag betrifft. Wahrscheinlich sollte ich es so wie blackmail machen und mich treiben lassen. Es ist ja auch nicht schlimm wenn ich nur noch ein paar für mich echt interessante Krümel aufpicke und mein Geld sonst in etwas anderes investiere.

  • Marz : nicht falsch verstehen: eigentlich hör ich mehr als jemals zuvor, nur eben anders. Viel über Radio-Podcasts, sowieso auch mehr Podcasts, wobei das im Vergleich zur Menge an gehörten Hörspielen viel weniger ist. Thematisch sind die Hörspiele, die ich jetzt so höre auch ganz andere als vor 10 Jahren. Gott sein Dank...stell sich mal einer vor, man macht über Jahre immer nur das gleiche, hört das gleiche und findet das gleiche gut. Das wär so eher mein persönlicher Alptraum. :D

  • @Sonny
    Die Marktbereinigung hat schon stattgefunden und Labels wie Lausch, Decision oder Lübbe sind raus, während Dreamland, R&B oder Romantruhe fleißig weiter uninspirierte (Grusel-)B-Ware runterkurbeln. Gefühlt hat seit 2016 kein Indielabel mehr etwas rausgebracht (den Fluch lasse ich als Projekt das 2013 per CF angestoßen wurde mal nicht zählen) und Captain Blitz bezeichnet MindNapping ein paar Posts vorher quasi als reines Hobby, was den finanziellen Ertrag betrifft. Wahrscheinlich sollte ich es so wie blackmail machen und mich treiben lassen. Es ist ja auch nicht schlimm wenn ich nur noch ein paar für mich echt interessante Krümel aufpicke und mein Geld sonst in etwas anderes investiere.


    Wo sind Lausch und Lübbe denn raus?

  • @Sonny: Merci. Wobei ich gerade schwächel und es noch was dauert, bis wieder was kommt. Life sucks sometimes.


    Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen und wünsche dir weiterhin viel Erfolg und so gute Ideen! :thumbup:

    @Sonny: na irgendwie ist da dann doch ein Widerspruch, wenn Du monierst, dass man immer das gleiche und Alte nicht braucht, Du aber eigentlich nur besser gemachte Grusel-Serien haben willst.


    Ja, du hast Recht :S . Für den Gruselbereich würde ich mir mehr Qualität und weniger Massenware/Ausschuss wünschen.

    Quo vadis? Keine Ahnung...ich lass mich treiben. Das schwankt bei mir immer nach Tageslaune und Zeit, in welcher Richtung ich was hören will, welches Thema mit, sagen wir mal, welchem Grad von "Anspruch", was auch immer man genau unter Anspruch verstehen will. Da lob ich mir die aktuell herrschende Vielfalt. Es gibt nichts, was es nicht gibt, heisst es so schön.


    Absolut. Du hast glasklar formuliert, was ich nur dumpf erahnen kann!
    ]

    @Sonny
    Die Marktbereinigung hat schon stattgefunden und Labels wie Lausch, Decision oder Lübbe sind raus, während Dreamland, R&B oder Romantruhe fleißig weiter uninspirierte (Grusel-)B-Ware runterkurbeln. Gefühlt hat seit 2016 kein Indielabel mehr etwas rausgebracht (den Fluch lasse ich als Projekt das 2013 per CF angestoßen wurde mal nicht zählen) und Captain Blitz bezeichnet MindNapping ein paar Posts vorher quasi als reines Hobby, was den finanziellen Ertrag betrifft. Wahrscheinlich sollte ich es so wie blackmail machen und mich treiben lassen. Es ist ja auch nicht schlimm wenn ich nur noch ein paar für mich echt interessante Krümel aufpicke und mein Geld sonst in etwas anderes investiere.


    Ja, Dreamland, R&B und Romantruhe................. Ich will denen echt nichts Böses, aber die hauen zu viel Schrott raus. Da wäre "Klasse statt Masse" schon besser.