Was ist legal und was ist illegal?

  • Wegen dem, was "reid" geschrieben hat, es geht bei der Privatkopie darum, ob das was kopiert wird, rechtmäßig besessen wird. Und auch der Freund besitzt es rechtmäßig, wenn Du es ihm leihst.

    Das klingt logisch.


    "Usernamenvergesser" schrieb:

    Thomas, Du bringst um 1 Uhr Ortszeit nicht nur meine Zitierfähigkeit an ihre Grenzen, sondern auch meine Abstraktionsfähigkeit.

    Hehe :D


    "Usernamenvergesser" schrieb:

    Eine analoge Kopie wie das Abschreiben eines Buches ist ja immer erlaubt.

    So ähnlich habe ich das nämlich auch im Hinterkopf. Wobei "abschreiben eines Buches" schon sehr abstrakt ist, ich denke da eher Aufnahmen auf Musikkassetten oder Filme auf VHS. Wobei beim kopieren von Original-VHS-Kassetten evtl. wieder die Thematik mit der Umgehung eines Kopierschutzes eine Rolle spielen könnte.


    "Usernamenvergesser" schrieb:

    Aber ist das was Du beschreibst eine analoge Kopie? .... Aber die Rekordersoftware XY? Hier müssen wie einen Sachverständigen hinzuziehen :D


    Also ich würde vermuten, das für den Tatbestand "analog" nicht die Art der Aufnahmetechnik relevant ist, sondern die Beschaffenheit des Signals, und die Art, wie es "durchgeleitet" wird. Aber wie gesagt nur eine Vermutung.
    Nebenbei glaube ich, das das ganze auch entsprechend für Filme auf Youtube gilt.

    "Glaub nicht, ich sei verrückt, Eliot – viele haben merkwürdigere Abneigungen als diese."

  • was ihr da beschreibt wird als analoge lücke bezeichnet und ist, überraschung, heftig umstritten, aber bsilang im grunde pro lücke ausgegangen..


    das lg frankfurt hat hierzu festgestellt, dass diese lücke existiert und für sich genommen keine urheberrechtsverletzung darstellt, sondern vom recht der privatkopie gedeckt ist. das gericht meint, dass auch keine umgehung eines wirksamen kopierschutzes vorliegt. selbst drm soll und kann nämlich nicht verhindern, dass eine analoge kopie erstellt wird. der stream ist auch nicht offensichtlich rechtswidrig, im gegenteil. damit wäre der mitschnitt vom recht auf eine privatkopie gedeckt. spotify etc sehen das anders und verweisen auf die agb, die die reproduktion untersagen. hier ist nun wieder streitig, ob die streamer per agb das urheberrecht überhaupt wirksam einschränken können. tendenziell bestehen hier größere bedenken in der literatur. das lg sieht das anders und sagt, das recht auf privatkopie finde seine schranken,

    Zitat

    wenn Werke aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung in einer Weise öffentlich zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Davon ist unter anderem die Privatkopie im Wege des Downloading erfasst (Dreier/Schulze-Dreier, 2. Aufl., § 95b, Rn. 17). Dies bedeutet im Ergebnis, dass Nutzer von online angebotenen Musikdateien keinen Anspruch gegenüber dem Online-Musikdienst auf das Fertigen von Privatkopien haben. Die Nutzung von Vervielfältigungen darf deshalb vertraglich beschränkt werden.


    bisher sind mir keine weiteren urteile dazu bekannt. in jedem falle würde man hier wenn überhaupt gegenüber dem streamer vertragsbrüchig mit der konsequenz löschung, schadensersatz etc. einen urheberrechtsverstoß begeht man dennoch nicht. ich habe zwar das gefühl, da neulich noch was zu gelesen zu haben, aber ich wills einfach nicht finden...


    und nein, ich befürworte das analoge mitschneiden nicht, ich berichte nur vom mir bekannten streitstand. ob das moralisch ok ist, selbst wenn es rechtlich ok ist, möchte ich damit nicht sagen...


    edit: so, gefunden. das lg hamburg hat im einstweiligen rechtsschutz im april (veröffentlich im juni) entscheiden, dass ein computerprogramm, welches den download eines verschlüsselten streams (my-video) ermöglicht, gegen das urhebrrecht verstößt. anders als beim lg frankfurt finden hier aber unterschiedliche verschlüsselungstechniken anwendung, so dass eine umgehung des kopierschutzes vorliegen soll. am 12.9. findet hier wohl die verhandlung im hauptsacheverfahren statt, die unterlegen firma hatte widerspruch eingelegt. festzuhalten ist: ist die software schon illegal, dürfte es das herunterladen des videos damit auch sein.

    The gods have never bothered much about judging the souls of the dead, and so people only go to hell if that's where they believe, in their deepest heart, that they deserve to go. Which they won't do if they don't know about it. This explains why it is so important to shoot missionaries on sight.

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von reid ()

  • Habe im Eröfffnungsbeitrag bei Fall 2 die analoge Lück von Thomas76 hinzugefügt und bei Fall 4 den Status bis zur Klärung von "Ja" auf "Strittig" geändert.

  • Eine interessante Zusammenfassung, auch wenn ich da nicht wirklich im Thema bin. Zu Fall 5, na lass das mal Label XY spitz kriegen, dass man die Rezi-Exemplare nach Besprechung schön vertickert...da dürfte es um Nachschub mit weiteren Folgen schlecht bestellt sein. :D


    Und eine Abmahnung dürfte auch ins Haus flattern.

  • Und eine Abmahnung dürfte auch ins Haus flattern.


    Auch wenn ich meine Rezensionsexemplare nie verkauft habe und dies auch nicht tun werde, sehe ich keinen Grund fuer eine offizielle Abmahnung. Sie koennten mir den weitrerenNachschub sperren, logisch und absolut nachvollziehbar. Aber auf welcher Grundlage eine Abmahnung? Als Rezensent habe ich nie etwas unterschrieben oder mich zu etwas verpflichtet. Es ist natuerlich der logische Menschenverstand, dass man seine Exemplare behaelt.
    Ich kann mich dran erinnern, dass es mal Rezi-Exemplare gab, die nicht die "Original-Exemplare" waren. Das war ne CD in ner Klarsichtverpackung und dem Cover. Da stand "not for sale" drauf.

  • Habe im Eröfffnungsbeitrag bei Fall 2 die analoge Lück von Thomas76 hinzugefügt und bei Fall 4 den Status bis zur Klärung von "Ja" auf "Strittig" geändert.


    die frage 4 ist nicht strittig. eine aus der bibliothek ausgeliehene vorlage ist weder offensichtlich rechtswidrig erstellt, noch offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht (ich meine eh, dass aus der bibliothek ausleiehen nicht öffentlich zugänglich machen ist, aber darauf kommts eh nicht an, da jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig).
    also darf ich von dieser vorlage zu privaten zwecken eine kopie erstellen, welche rechtmäßig ist (und auch bleibt, dazu unten). gleiches gilt beim leiehn von freunden etc


    diese kopie bleibt auch rechtmäßig, ist sie doch kraft gesetz als ausnahme von den nutzungsrechten des urhebers rechtmäßig erstellt worden. daran ändert auch die frage nichts, was danach mit der rechtmäßigen vorlage passiert. man darf das vor allem nicht mit der sicherheitskopie vermischen, das sind zwei paar schuhe. für die sicherheitskopie einer software gilt: verkaufe/verschenke/etc ich das original, muss ich die kopie vernichten. aber bitte nicht vermischen.


    selbst der bundesverband musikindustrie sagt (auch wenn er das alles naturgemäß etwas strenger formuliert und sieht) im ergebnis, dass die kopiervorlage nicht mein eigentum sein muss : klick

    The gods have never bothered much about judging the souls of the dead, and so people only go to hell if that's where they believe, in their deepest heart, that they deserve to go. Which they won't do if they don't know about it. This explains why it is so important to shoot missionaries on sight.

  • Ich habe halt schon mal davon gehört, dass der eine oder andere einen Anwalt eingeschaltet hat.


    Versuchen kann man das, aber auf welcher Grundlage sollte der Anwalt handeln ? Anders sähe es wohl aus, wenn der Rezensent irgendwelche klaren, vertraglichen Absprachen mit dem Label hätte, welche das weiterverkaufen von Rezensionsexemplaren verbieten. Aber auch da wäre es wohl keine Frage des Urheberrechts, sondern des Vertragsbruches.

    "Glaub nicht, ich sei verrückt, Eliot – viele haben merkwürdigere Abneigungen als diese."


  • Versuchen kann man das, aber auf welcher Grundlage sollte der Anwalt handeln ? Anders sähe es wohl aus, wenn der Rezensent irgendwelche klaren, vertraglichen Absprachen mit dem Label hätte, welche das weiterverkaufen von Rezensionsexemplaren verbieten. Aber auch da wäre es wohl keine Frage des Urheberrechts, sondern des Vertragsbruches.


    Und daher würde ich den Fall auch gerne aus der Liste rausnehmen, da es in der Tat eine ganz andere Baustelle ist. Es kommt auf die Einzelvereinbarung zwischen Label und Rezensent an (so denn es eine gibt). Ob man an eine Schenkung Bedingungen knüpfen kann und welche, oh Gott, oh Gott... Mit dem Urheberrecht hat das nichts zu tun, passt also nicht dazu.


    Die Argumentation von "reid" ist schlüssig, der Hinweis "selbst der bundesverband musikindustrie" samt Verlinkung auch eindeutig. Falls hier keine neuen Einwände kommen, stelle ich wieder von "Strittig" auf "Ja" um.

  • sehr interessant ist nebenbei auch die begründung des gesetzentwurfs (bundestagsdrucksache 16/1828). alles, was hier die letzte zeit diskutiert wurde, ist bei dem entwurf ebenfalls von den verbänden eingebracht worden. der gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die (auch digitale) privatkopie zu erlauben. von grauzonen oder regelungslücken kann keine rede sein.

    Zitat

    In diesem Zusammenhang ist aber auch zu klären,ob die Schranke der Privatkopie enger gefasst werden soll (z. B. durch ein Verbot der digitalen Privatkopie von Musikwerken, eine Beschränkung auf Vervielfältigungen nur noch vom eigenen Original, ein Verbot der Privatkopie durch Dritte, die Einführung eines Zeitfensters, z. B. Zulässigkeit der Privatkopie von Filmen erst ein Jahr nach Beginn der Kinoauswertung, keine Privatkopie im Internet). Entsprechende Änderungen waren in den Stellungnahmen gegenüber dem Bundesministerium der Justiz angeregt und in der Arbeitsgruppe Privatkopie diskutiert worden

    (S. 18, hervorhebung durch mich)


    damit ist meines erachtens nochmals ausdrücklich geklärt, dass für die privatkopie auch eine fremde (legale) vorlage reicht. überdies ist es eine ausdrückliche entscheidung, die privatkopie (gegen vergütung gem § 54 urhg ff) zu erlauben.


    auch zur frage des öffentlichen zugänglichmachens erklärt sich der gesetzgeber:

    Zitat

    Der Entwurf sieht allerdings eine Klarstellung hinsichtlich der mit der letzten Urheberrechtsnovelle eingefügten Regelung zur „legalen Quelle“ vor. Die Privatkopie soll – der Intention des Gesetzgebers entsprechend – nicht nur dann unzulässig sein, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurde, sondern auch dann, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig im Internet zum Download angeboten, also öffentlich zugänglich gemacht wird

    (S. 18 )


    nebenbei ist so die begründung des gesetzesentwurfs schon sehr spannend, kann man doch erahnen, in welchem spannungsfeld eine für alle seiten angemessene lösung gefunden werden muss, was bei sich geradezu ausschließenden forderungen und wünschen schon eine herausforderung ist. wünschen kann man sich ja vieles, klar, aber manches ist schon heftig (zb nur timeshiftaufnahmen zulässig).


    daher kommt der gesetzgeber zum vermittelnden schluss:

    Zitat

    Darüber hinaus wäre eine Regelung, die nur die analoge Privatkopie zuließe, praktisch kaum durchsetzbar und den Verbrauchern nicht zu vermitteln. Ein solches Verbot würde die soziale Realität ignorieren und die Autorität und Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung untergraben. Digitale Vervielfältigungsgeräte würden damit für überwiegend rechtswidrige Zwecke angeboten und genutzt. Der Vorschlag geht auch deshalb zu weit, weil dann auch digitale Mitschnitte von Rundfunk- und Fernsehsendungen der öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen verboten wären. Im Interesse der Urheber sind daher nach wie vor an der bewährten Regelung des Urheberrechtsgesetzes festzuhalten, die (nicht zu verhindernde) private Vervielfältigung zu gestatten, aber mit dem pauschalen Vergütungssystem vergütungspflichtig zu gestalten

    (S. 19)


    wie schon mehrfach gesagt kann man eine privatkopie nicht ernsthaft verhindern und auch nicht ernsthaft überwachen. wird etwas dann trotzdem verboten und breite massen auf einen schlag krininalisiert, steigt die gefahr, dass auf breiter front und auch an anderer stelle eine gewisse gleichgültigkeit in bezug auf rechtsnormen eintritt.


    interessant ist in diesem zusammenhang auch die regelung, wonach die vervielfätigung nur dann unzulässig ist, wenn die vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder (offensichtlich) rechtswidrig) öffentlich zugänglich gemacht wird. hierzu die drucksache:

    Zitat

    Gleichzeitig wird durch das Erfordernis, dass die öffentliche Zugänglichmachung für den jeweiligen Nutzer nach seinem Bildungs- und Kenntnisstand offensichtlich rechtswidrig sein muss, weiterhin gewährleistet, dass der Verbraucher nicht mit unerfüllbaren Prüfpflichten belastet wird. Es obliegt dem Rechtsinhaber zu beweisen, dass die vervielfältigte Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden ist

    (S. 26)


    diese regelung ist wiederum gegenstand eine großen debatte, was denn eigentlich offensichtlich rechtswidrig bedeutet, und das noch aus dem subjetiven blick des nutzers. so wird von der hm vertreten, dass damit schonmal kein nutzer erkennen kann, ob eine mp3 rechtswidrig hergestellt wurde, anders als bei einer gebrannten cd. bei der kann mans aber auch nicht wissen, könnte sie doch eine legale privatkopie sein. dieser teil läuft de facto ins leere. und: wenn ich eine legale privatkopie öffentlich anbiete, mache ich mich als anbieter strafbar, die privatkopie bleibt legal.


    entscheidend ist daher, ob etwas im internet offensichtlich rechtswidrig angeboten wird. auf anbieter seite ist das schnell gekärt, auf nutzerseite eher weniger. für tauschbörsen kann man den drops als gelutscht betrachten, niemand kann heute noch glauben, das neue lady gaga album am tage nach der veröffentlichung für lau runterladen zu können, erst recht wenns nebenan 10 € kostet.


    anders der hier vielleicht interessantere fall youtube: wann kann ich als nutzer, ohne dass ich eine prüfung durchführen muss, sagen, dass mir die rechtswidrigkeit der quelle geradezu ins gesicht springt? weiß ich als user, wer da wann was mit welchem recht einstellt? muss ich, nachdem ja bekanntermaßen ein beachtlicher teil der videos für deutsche user gesperrt ist, da das nutzungsrecht nicht vorliegt, bei den erreichbaren videos zweifel an der rechtmäßigkeit haben? und wenn ja, wie soll ich das ohne prüfung herausfinden? die konsequenz ist, dass auch von youtube videos gespeichert werden können, da eine umgehung des kopierschutzes nicht passiert. erweiterte prüfpflichten hat der nutzer nicht und kann dies auch gar nicht leisten, zumal auch urheber dort material hochladen.


    insgesamt ist die formulierung also durchaus kritisch gewählt und führt durchaus zu rechtsunsicherheit. sie ist nebenbei auch dogmatisch interessant, was hier aber zu weit führen würde. wen es interessiert: Die offensichtliche Rechtswidrigkeit als Schnittstelle zwischen gesetztem Recht und vernetzter Individualmoral


    eine wirklich lesenwerte arbeit, auch zu der nebenfrage des spannungfeld legalität und moralität

    The gods have never bothered much about judging the souls of the dead, and so people only go to hell if that's where they believe, in their deepest heart, that they deserve to go. Which they won't do if they don't know about it. This explains why it is so important to shoot missionaries on sight.