Deutsche Grammophon Newsletter

  • Lloyd Jones - Mister Pip
    Es ist schwer, heute noch Paradiese zu entdecken. Und wenn es doch einmal passiert, erweisen sie sich mehr als trügerisch. Wie etwa die Insel Bougainville, ein gerade mal 9000 Quadratkilometer großes Fleckchen Erde im Pazifischen Ozean, weit vor der Küste Papua-Neuguineas. Streitereien um eine Kupfermine entbrannten und führten zu einem blutigen und von der Weltöffentlichkeit völlig unbeachteten Bürgerkrieg, der erst vor einem guten Jahrzehnt endete. Der neuseeländische Autor Lloyd Jones entdeckte dieses versteckte Eiland und war fasziniert von seiner Schönheit und den Widersprüchen, die die Bevölkerung prägten. Die Idee zu seinem Roman Mister Pip war geboren.


    Lloyd Jones widersteht der Versuchung, die Geschichte schön zu schreiben. Mister Pip spielt in den frühen 1990er Jahren. Der schon erwähnte Bürgerkrieg wütet auf der Insel und führt dazu, dass jeder, der nicht dort bleiben muss, seine Sachen packt und geht. Außer Tom Christian Watts, dem einzigen Weißen, der mit einer Einheimischen verheiratet und offenbar ein Mann dieses Schlages ist, der sich nicht so einfach aus der Ruhe bringen lässt. In den Augen der Ortsansässigen ist er ein hünenhafter Exot, der seine dicke, eingeborene Frau in einer Karre umherkutschiert. Mit einer Mischung aus Neugier und Amüsement beobachten ihn die Kinder und Erwachsenen. Hinter seiner skurrilen und knorrigen Schale entwickelt er sich vom Faktotum zum Lehrer der Inselkinder, die sich schnell um ihn versammeln. Und Watts hat eine Passion: Er liebt Charles Dickens und dessen wunderbare Geschichten. Er beschließt, seine Schützlinge zu unterrichten, indem er ihnen aus dem Roman Große Erwartungen vorliest. Für die Kinder und besonders die kleine Matilda wird Mister Pip, Dickens' Held, so real wie die eigene Mutter. Die größte Freundschaft ihres Lebens fängt an. Nur: Was soll sie sagen, wenn die Soldaten fordern, man solle ihnen diesen gefährlichen Pip ausliefern, da er doch ein Rebell sein könne?


    "Große Erwartungen war eines des Lieblingsbücher meiner Kindheit", gibt Lloyd Jones zu Protokoll. "Und ich bin ebenso vertraut mit der Pazifikinsel Bougainville, die ich besucht hatte, unmittelbar nachdem die Militärblockade gelockert worden war. Allerdings konnte ich mir niemals vorstellen, dass ich diese beiden Dinge mal zusammenbringen würde, um daraus eine Erzählung zu formen. Irgendwie, quasi über meinen Kopf hinweg, haben die Große Erwartungen und Bougainville doch zusammengefunden. Das Resultat ist Mister Pip". Selten sind das Schöne und das Schreckliche, das Menschen einander antun, so umstandslos, so atmosphärisch und so weise erzählt worden.


    Der Roman, der immerhin bereits den Commonwealth Writers Prize gewann und gerade international in rund zwanzig Sprachen übersetzt veröffentlicht wird, erscheint zeitgleich mit dem Hörbuch im Rowohlt Verlag. Der versierten und jungen Sprecherin Marie Bierstedt gelingt es, eine authentische Wirkung der Hörbuchversion zu erreichen, Bierstedt gehört zu den viel beschäftigten Spezialistinnen des Bühnen-, TV- und Hörspiel-Business´ und schafft es durch ihre Interpretation, durch gleichzeitige Nähe und Distanz, dem Roman eine zweite Ebene zu geben, die den Zuhörer in diese eindrucksvolle Geschichte über die Kraft der Literatur in Zeiten größter Verzweiflung hineinführt. Sie macht uns deutlich, dass die kleine Matilda ihre Rettung letztlich ihrer Fähigkeit verdankt, in der kriegerischen Realität von einer Zukunft träumen zu können, in der die Menschen in Frieden leben.
    Lloyd Jones empfiehlt sich mit diesem Roman als großer Poet seiner Generation.

  • Zitat


    Der packende Thriller Sorry, in dem ein Mörder vier junge Berliner Agenturgründer in seine Pläne verstrickt und sie in ihre eigenen Abgründe treibt, sei hiermit den Krimifans besonders ans Herz gelegt. Sie werden sich der Spannung nicht entziehen können!
    http://www.dg-literatur.de/kat…/0/zoran-drvenkar--sorry/


    Ich konnte nicht herausfinden, ob es sich um eine Lesung oder ein Hörspiel handelt. Es gibt zwar verschiedene Sprecher, aber bei der Länge tippe ich eher auf eine Lesung.
    Weiß jemand genaueres?