Dark Trace (7) Weißes Fleisch (Maritim)



  • Inhalt:
    Ein vergessenes Konvent in den Pyrenäen. Ein stummes Geheimnis an der Grenze dessen, was ein Mensch ertragen kann. Groteske Abgründe, jenseits alles Vorstellbaren. - Für manche Verbrechen gibt es keine Erklärung. Keine Rechtfertigung. Und keine Gnade. In einem wirbelnden Kaleidoskop aus Schnee und Blut entfaltet das Böse all seine Dämonie: Es ist nicht der Tod der Opfer, sondern ihre Qual. Denn sie sind rot von innen - von außen: weiß.


    Story:
    Zwischen der sechsten und der siebten Folge der Serie „Dark Trace“ ist einiges an Zeit ins Land gezogen, nicht zuletzt, da „Weißes Fleisch“ mehrfach verschoben wurde. Man munkelt, dass es wohl Bedenken bezüglich der Folge gab und man über eine geschnittene Fassung nachdachte. Offensichtlich hat man sich nun aber doch dagegen entschieden, doch dazu später mehr. Zunächst lassen wir die Katze aus dem Sack: Mit der Geschichte der siebten Folge, steckt man völlig problemlos die letzten drei Veröffentlichungen in die Tasche. Dies war aber auch bitter nötig, da gerade „Die Signatur des Mörders“ und „Nachtschwärmer“ inhaltlich doch sehr schwachbrünstig daherkamen und man nahezu permanent wirkliche Ermittlungen seitens der Protagonisten vermisste. Dies gehört also der Vergangenheit an und man führt den Hörer logisch durch die Handlung. Autor Ascan von Bargen kann es aber nicht verleugnen, sich bei bei einigen Kollegen Inspiration geholt zu haben. So schwimmt die Geschichte auf der aktuellen Welle um Thriller der härteren Gangart, in deren Mittelpunkt psychopathische Killer stehen. Anleihen an Cody McFadyen oder Sebastian Fitzek kann man ebenso finden, wie Bezüge auf „Das Schweigen der Lämmer“. Doch all dies stellt nicht wirklich ein Problem dar, da Hauptcharakter Cor Liewens immer noch über genug Eigenständigkeit verfügt. Wer die ersten drei Folgen der Serie mochte, der wird auch hier über weite Strecken vollends auf seine Kosten kommen. Leider zieht sich der positive Eindruck dann aber nicht bis zum Ende durch. Dort gibt es leider einen Bruch, der mir nicht gefallen will. Über weite Strecken benutzt man hier die grausamsten Formen der Gewalt um Gewalt als das darzustellen, was sie ist: Abstoßend, menschenverachtend und abscheulich. Wenn man gegen Ende aber dann nach guter alter Bibelmanier und der Maxime „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ handelt, so wirft dies ein überaus fragwürdiges Licht auf die Geschichte. Zwar hat der Autor den inneren Krieg in Cor Liewens zu Beginn bereits herausgearbeitet und deutlich gemacht, dass Cor sich verändert hat, aber dennoch will mir das Ende in dieser Form nicht gefallen und vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, hier zur Schere zu greifen. Das wird jedenfalls fraglos polarisieren, da bin ich mir sicher. Mit einem anderen Abschluß der Geschichte hätte ich sagen können, dass ich hier phantastisch unterhalten worden bin, doch somit reicht es letzten Endes „nur“ für gute Unterhaltung. Manchmal möchte man eben doch nicht „alles“ hören.


    Sprecher:
    Mit 10 beteiligten Sprechern, zeigt sich die Cast diesmal relativ klein und überschaubar. Allerdings ist dies nicht wirklich ein Problem, denn Martin Kessler zeigt hier, dass er absolut in der Lage ist, diese Serie allein zu tragen. Klar, Cor Liewens ist der Hauptcharakter, aber dennoch hat Ascan von Bargen ihm selten zuvor soviel Platz für Charakterentwicklung bzw. -veränderung eingeräumt. Kessler spielt diese Szenen wirklich gut und dabei ist es egal, ob er den Erzählerposten übernimmt und seine inneren Kämpfe darlegt, oder als agierenden Charakter zum Zuge kommt. Wer neben ihm noch einer besonderen Erwähnung bedarf, ist Dietmar Wunder. Er schlüpft in die Rolle das Kannibalen „Mogens“ und spielt dabei mit solchen Intensität, dass man wirklich Angst vor ihm bekommen kann. In weiteren Rollen hört man hier noch Melanie Manstein, Norbert Gastell, Bernd Vollbrecht oder auch Karen Schulz-Vobach. Vorallem letztere kann überzeugen und es ist schon erstaunlich, in welch kurzer Zeit sich Schulz-Vobach als feste Größe in der Hörspiel-Szene etabliert hat. Vor gut einem Jahr zählte sich noch eher zu den unbekannten Stimmen und mittlerweile „stolpert“ man über sie an nahezu jeder Ecke. Wie dem auch sei, die Leistungen der Beteligten können sich ohne Frage hören lassen und da man das „Maritim-Problem“ hier auch im Griff hatte, kann man als Hörer sehr zufrieden sein.


    Musik und Effekte:
    Der Grundton der Serie war von der ersten Folge an hart und daran hat sich auch beim siebten Eintrag nichts geändert. Wuchtige Gitarrenriffs treffen auf elektronische Klänge und lassen ein unterkühltes und irgendwie abweisendes Bild entstehen, was zu dem stellenweise fast schon abstoßenden Inhalt passt wie die Faust aufs Auge. Hinzu gesellt sich eine ebenfalls sehr hörenswerte Soundkulisse. Nicht selten zeigt man sich sogar einen Ticken zu detailverliebt und lässt den Hörer Dinge hören, von denen man eigentlich gar nichts wissen wollte. Man schießt also gerne mal ein wenig übers Ziel hinaus, wohl auch um dem werbeträchtigen Spruch „Nichts für schwache Nerven“ gerecht zu werden. Unpassend klingt das Gebotene aber nicht und somit kann man den Produzenten in diesem Punkt auch eigentlich nur ein Kompliment aussprechen.


    Fazit:
    Man lässt die etwas schwächeren Folgen der jüngeren Vergangenheit hinter sich und segelt mit „Weißes Fleisch“ wieder hinein in bessere Gewässer. Leider reicht es letzten Endes aber nicht, um sich das Prädikat TOP zu verdienen. Dabei wäre dies durchaus im Bereich des Möglichen gewesen, denn ich kann behaupten, dass es sich hierbei um eine der besten Folgen der Serie handelt. Vielleicht wäre es sogar die Beste wenn … ja wenn da nicht das Ende wäre, bei dem man für meinen Geschmack übers Ziel hinaus schießt. Es wirkt auf mich sehr fragwürdig Gewalt mit einer solchen Form von Gewalt zu vergelten. Diese Folge dürfte jedenfalls für einigen Diskussionsstoff innerhalbe der Hörspiel-Internet-Szene sorgen. Ohne diese Fragwürdigkeiten hätte man nämlich einen spannenden und auch nachvollziehbaren Thriller vorliegen, den man Fans des Genres uneingeschränkt empfehlen könnte. Somit bleibt immer noch die Warnung: Ihr solltet euch einiges zutrauen, denn was am Ende die Ohren erreicht ist rein gar nichts für Zartbeseitete. Ansonsten gibt es an dieser Produktion herzich wenig auszusetzen: Die Sprecher geben allesamt Vollgas und liefern nicht selten sogar beängstigend gute Leistungen ab. Obendrauf gibt es noch eine krachende Musikuntermalung nebst gelungener Soundkulisse und fertig ist ein Hörspiel, dass sich in der Schule eine 2+ verdient hätte. Mehr wäre ohne Frage drin gewesen und vielleicht wäre es doch die richtige Entscheidung gewesen an einigen Stellen zur Schere zu greifen. Also … wer die Serie und Thriller mag und seinen Nerven einiges zutraut, der kann hier prinzipiell blind zuschlagen.


    **** / *****
    Gut (+)


    © 11.07.10 by lord gösel / Hörspiel-Maniac