Gruselkabinett Nr. 40/41 - Northanger Abbey (Titania Medien)

  • Für Catherine Morland (Marie-Luise Schramm) geht es gemeinsam mit der Familie Allen in den Badeort Bath. Dort hoft sie auf ein aufregendes Abenteuer oder sogar ein schauriges Erlebnis, denn das siebzehnjährige Mädchen liebt solche Geschichten und möchte unbedingt, dass ihr mal etwas ähnlich unheimliches geschieht. Wird dies vielleicht sogar bald passieren? Sie hofft es inständig, als sie den jungen Gentleman Henry Tilney (Robin Kahnmeyer) kennenlernt, mit dem es später nach Northanger Abbey geht, dem Familiensitz, auf dem General Tilney (Norbert Langer) mit eiserner Hand regiert. Catherine ist sich sicher, dass die Abtei ein altes Geheimnis beherbergt, ein schauriges Geheimnis...


    - Meinung -


    Diesmal erlebt Anne...Moment mal, das ist hier ja gar kein Abenteuer Annes! Zunächst kam mir aber der Gedanke, denn ein junges Mädchen will hinaus in die Welt, ihren Liebsten finden, Abenteuer erleben und schaurige Geheimnisse lüften, was ja alles schön und gut ist, nur was Jane Austens Werk in dieser Reihe zu suchen hat, hat sich mir leider nicht mal ansatzweise erschlossen. Kein Grusel, nicht mal ein Schauer, das Thema hat man somit voll und ganz verfehlt. Was sagt das über die Qualität der eigentlichen Geschichte aus? Soweit nur wenig, denn wer eine Story sucht, die in die Richtung der Abenteuer von Anne geht, nur halt etwas düsterer, der wird hier fündig, aber Grusel gibt es hier definitiv nicht. Dennoch fallen die zwei Stunden Spielzeit recht unterhaltsam aus, recht heimelig und hübsch anzuhören, doch das sollte die Hörerschaft im Vorfeld wissen, was sie hier erwartet. Kurzweilig und unterhaltsam, keine Frage, nur keine richtige Folge des Gruselkabinetts und sogar der harmloseste Beitrag überhaupt.


    Eine Sprecherliste wie pures Gold, anders kann man es kaum sagen, hier stimmt wirklich alles von vorne bis hinten. Ob es die Darbietung des Erzählers Hasso Zorn ist oder Marie-Luise Schramms herzerweichende Performance als "Heldin" Catherine Morland, hier gibt es absolut nicht zu meckern und die Regie in Form von Marc Gruppe und Stephan Bosenius hat mal wieder das Optimum aus dem Ensemble rausgeholt. So viele bekannte Namen und Stimmen, die hier mitmischen, zuviele um sie alle aufzuzählen. Marius Clarén, Robin Kahnmeyer, Tanya Kahana, Roland Hemmo, Ursula Sieg, Regina Lemnitz, Timmo Niesner, Cathlen Gawlich, Norbert Langer und viele, viele weitere, ein wahres Stimmfest wird hier geboten. Vor allem Norbert Langers Einsatz als bärbeissiger General Tilney hat mir wunderbar gefallen, ein toller Auftritt und letztendlich bleibt nur zu sagen, dass dieses Hörspiel in sprechertechnischer Hinsicht keine Wünsche offen lässt.


    Auch akustisch gibt es herzlich wenig zu beanstanden, eine detailreiche Geräuschkulisse, dazu verträumte Musiken, aber wiederum nur wenige Klänge, die Schauer aufkommen lassen. Erst auf der zweiten CD gibt es kleine Ansätze, aber es geht nicht darüber hinaus, aber ich bin mir auch ganz sicher, dass gruseligere Musiken nicht mehr aus dem doch sehr seichten Inhalt rausgeholt hätten. Wie dem auch sei, an und für sich ist die Untermalung wieder mal richtig schön ausgewählt und eingesetzt worden, die Geräusche passen auch, handwerklich einwandfrei.


    Ein schönes, geradezu tolles Hörspiel, von der Machart her wirklich klasse, doch Catherine Morlands Erlebnisse gehören einfach nicht in das Gruselkabinett, das kann man drehen und wenden wie man will. Eher was für Fans von Annes Abenteuern, weniger etwas für Gruselfreunde, doch wen das nicht stört, der kann zugreifen, wer aber Wert auf schaurige und gruselige Momente sucht, der kann hier ruhig mal pausieren.


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  • Der Roman "Northanger Abbey" der englischen Schriftstellerin Jane Austen könnte dem einen oder anderen unter dem deutschsprachigen Titel "Die Abtei von Northanger" bekannt sein. Der Roman ist eine Satire auf Schaueromane und erschien 1817.
    Der Grund der Aufnahme dieses tollen Stoffes in die Gruselkabinettserie ist sicherlich der Satirehintergrund. In erster Linie handelt es sich nämlich um eine romantische Liebesgeschichte. Die erste CD, Folge 40, hat kleine einzige schaurige Stelle. Von der Atmosphäre und dem Verlauf der Geschichte erinnert das Hörspiel in erster Linie an die Vertonung der "Anne" Romane. Der Hörer wird vielmehr durch die Beschreibung des Geschehens in Versuchung geführt immer das Schlimmste zu vermuten und am Ende damit überrascht, dass nichts dahintersteckt, was man aus der Schauerliteratur kennt.


    Die Sprecher sind allesamt hervorragend und jeder Sprecher passt zu seiner Rolle. Schön ist es nach "Alice im Wunderland" Luisa Wietzorek wieder in einem Titania Medien Hörspiel zu hören. Weitere Sprecher sind: Hasso Zorn, Marie-Luise Schramm, Robin Kahnmeyer, Ursula Sieg, Norbert Langer, Cathlen Gawlich, Tanya Kahana, Timmo Niesner, Marius Clarén, Otto Mellies, Regina Lemnitz, Monica Bielenstein, Wilfried Herbst, Marcel Collé und Roland Hemmo. Die Namen sprechen für sich und Hasso Zorn hat schon einmal als Erzähler im Gruselkabinett brilliert.


    Neben den Sprechern hat mir die Musikauswahl besonders gut gefallen. Dieses voranschreitende Thema passt sehr gut zum Gruselkabinett und auch der Handlung. Die Geräuschkulisse ist gewohnt gut. Alle unheimlichen Momente auf der zweiten CD (Folge 41) sind hervorragend vertont worden.


    Fazit
    Das Hörspiel ist eine wunderbare romantische Liebesgeschichte, die die klassische Schauerromantik ein wenig auf die Schippe nimmt. Zum Beispiel indem auf der ersten CD (Folge 40) diverse Figuren wie in Schauerromanen eingeführt werden. Schnell schwant dem Hörer übles hinter den makellosen Fassaden. Handelt es sich um eine Vampirfamilie? Was ist das Motiv? - Viele Fragen stellen sich dem erfahrenen Gruselkabinett-Hörer.
    Nachdem die erste CD (Folge 40) keine schaurigen Momente bietet, sondern vielmehr die Ausgangslage für den möglichen Schauer darstellt, liefert die zweite CD (Folge 41) gleich zu Beginn die schaurigen Momente, die überwiegend auf der Interpretation der Protagonistin beruhen, denen sich der Hörer gerne anschließt.
    Zum Schluss stellt sich jedoch die Enttäuschung beim Hörer ein: Hinter allem, hinter dem ein dunkles Geheimnis zu sein schien, steckt nichts "böses" und die Liebesgeschichte löst sich in wohlgefallen auf. Dieses Hörspiel hätte eine (überlange) Episode der Serie "Anne" sein können.
    Für mich ist es deutlich zu wenig den Schauerroman auf die Schippe zu nehmen und dann nur sehr seichten Schauer zu erzeugen, der auch noch einen minimalen Bruchteil der Hörspielhandlung einnimmt. Von einem Hörspiel im Gruselkabinett erwarte ich entweder richtigen Grusel oder den schönen romantischen Schauer, bei dem dann aber auch tatsächlich das "Böse" am Werk war.
    Wäre dies ein Einzelhörspiel, wäre ich nicht Enttäuscht gewesen, sondern hellauf begeistert. Die Geschichte und Produktion sind hervorragend. Schwere Kritik gibt es für der Einreihung ins Gruselkabinett. Vielleicht sollte Titania Medien eine zweite Reihe für romantischen Romane herausgeben, für die Stoffe ohne oder nur mit wenig schaurigen Momenten ausgesucht werden.