Jean-Christophe Grangé: Der Flug der Störche
Gelesen von: Joachim Kerzel
Bearbeitete Romanfassung
Spielzeit: 425 Minuten
78 Tracks
6 CDs
Preis: ca. 10 EUR
Erschienen bei LÜBBE AUDIO
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Lübbe Audio
Scheidtbachstr. 23-31
51469 Bergisch Gladbach
Inhaltsangabe des Verlags:
Jedes Jahr im Spätsommer versammeln sich die Störche und brechen nach Süden auf. Und jedes Jahr im Frühling keren sie zurück in ihre alten Nester. Doch diesmal bleibt die Rückkehr der Zugvögel aus. Ein Schweizer Ornithologe schlägt Alarm. Er erteilt Louis Antioche den Auftrag, den Weg der Störche von Europa nach Zentralafrika zu verfolgen. Seine Nachforschungen werden zu einer Reise ins Grauen...
Rezension:
Suggeriert der Titel einen Öko-Thriller, entpuppt sich der Erstling aus der Feder Jean-Christophe Grangés, den Thrillerkenner unter anderem als Autoren der "Purpurnen Flüsse" kennen, als brillianter Thriller der härteren Gangart, in dem die Zugroute der Störche "lediglich" als Aufhänger dient, denn primär geht es um ungeklärte, regelrecht bestialische Morde entlang dieser Flugroute, die irgendwie mit Antioches mysteriösen Auftraggeber, dem verstorbenen Vogelkundler Max Böhm, und dessen unbekannter Vergangenheit in Verbindung stehen. Weshalb ist in keiner Kartei, in keiner Krankenakte etwas von Böhms Herztransplantation zu finden? Was hat es mit den grausamen Fotos in Böhms Haus auf sich, die ein wortwörtlich "menschliches Schlachthaus" zeigen?
Grangé legt von Beginn an ein wahrhaft atemberaubendes (Erzähl-)Tempo vor, verliert dabei nie den roten Faden und driftet nicht in Belanglosigkeiten ab. Die Spannung wird konstant aufrecht erhalten, es gibt reichlich böse Wendungen und Enthüllungen, die Charaktere sind nicht bis zum Exzess, aber glaubwürdig geschildert. Geradezu galant schafft es Grangé zudem, auf politische Brennpunkte einzugehen, wie etwa den Palästinenserkonflikt oder die Lage der Roma in Bulgarien, ohne dabei lehrerhaft zu erscheinen.
Was man sich indes vor dem Hören klar machen sollte: Grangé geht nicht zimperlich zu Werke. Es gibt Szenen, die sind hart an der Grenze des Zumutbaren, was Brutalität angeht. Dies ist nicht falsch zu verstehen: Diese schonungslose Darstellung ist im Werk wichtig, allerdings sollte man hier wirklich *einiges* abkönnen. Wer also bei Filmen wie "Saw" oder "Hostel" bereits Probleme hat, sollte hier vorsichtig sein.
Joachim Kerzel als Erzähler - was kann ich hier groß schreiben? Perfekt. Fesselnd. Mitreißend. Brilliant. Kerzel hat sich nicht nur als Synchronsprecher von beispielsweise Jack Nicholson, Dustin Hoffman, Dennis Hopper oder Sir Anthony Hopkins (in "Hannibal", "Das perfekte Verbrechen, "Roter Drache") in die oberste Riege gespielt, sondern in den vergangenen Jahren auch durch seine beindruckenden Interpretationen vieler Hörbücher. Daß Kerzel nach wie vor zu den besten Erzählern gehört, beweist er mit "Der Flug der Störche" einmal mehr auf beeindruckende Weise.
Äußerst positiv überrascht bin ich von dem Fakt, daß hier sowohl von einer stimmungsvollen Musikuntermalung vieler Szenen, als auch vom passenden Einsatz von Geräuscheffekten Gebrauch gemacht worden ist.
Sowohl Musik, als auch Effekte verstärken an den jeweiligen Stellen die ohnehin schon bedrohliche Atmosphäre des Werkes noch um ein Vielfaches.
Fazit:
Ein *ganz* heißer Anwärter auf mein persönliches Hörbuch des Jahres, auch wenn noch ein paar Monate ausstehen. Grangés Erstling entpuppt sich in der vorliegenden Lesung als wahnsinnig packender, irrwitzig schneller Thriller, der neben aller nervenzerfetzenden Spannung auch authentisch auf politische Brisanz eingeht - dem Hörer allerdings auch ein "menschliches Schlachthaus" serviert.
Brillianter Thriller, fantastisch vorgetragen durch einen grandiosen Joachim Kerzel, durch akzentuierenden, brillianten Einsatz von Musik und Geräuscheffekten bestechend. Allerdings sollte man erzählerischer Härte und explizierter Beschreibungen nicht abgeneigt gegenüberstehen.
Klare Empfehlung für Thrillerfans.