Goldagengarden

  • Goldagengarden – ein Stück Hörspielkunst. Dieses Fazit nehme ich schon mal vorweg, denn das Werk von Marco Göllner hat mich wirklich begeistert. Sämtliche Teile dieser Produktion wirken wohl durchdacht und fein säuberlich aufeinander abgestimmt.


    Es geht um Kunst und eine Schnitzeljagd:
    Der reiche schwedischer Kunstsammler Peer Johannesson hinterläßt nach seinem vermutlich nicht ganz freiwilligen Ableben ein Gedicht, das den Anfang der Spur darstellt, die zu seinem Erbe führt. Drei Männer machen sich daran, der Spur zu folgen und diverse Rätsel zu lösen. Doch auch die Polizei und ein mysteriöser Killer mischen in diesem Spiel mit und ein unglaublich spannender Wettlauf um einen wertvollen Gegenstand beginnt, den Johannesson gut versteckt hat.


    Marco Göllner hat hier eine phantastische Auswahl an Sprechern vors Mikrofon gezerrt:
    Peter Schiff, Gerlach Fiedler, Gisela Trowe und Jürgen Thormann haben schon viele von uns schon in Kindheitstagen in Hörspielproduktionen begeistert und zeigen auch hier, daß sie zur absoluten Oberliga gehören bzw. gehörten. Darüber hinaus in den Hauptrollen zu hören: Philipp Moog, Udo Schenk, Gabriele Leidloff und Marco Göllner. Letzterer hat es mit seiner Regiearbeit geschafft, die Sprecher sehr real miteinander agieren zu lassen. Real in Bezug auf die Interaktion miteinander als auch auf die Interaktion mit ihrer Umgebung. Emotionen, Reaktionen, Anstrengung und Bewegung werden so hervorragend dargestellt, dass man zeitweise meint, es handele sich tatsächlich um die Tonspur eines Films.


    Zu diesem Eindruck trägt neben dem sprachlichen Spiel auch in großem Maße die Vertonung bei, die Göllner ebenfalls übernommen hat. Auch hier wurde sehr realistisch und sehr schön mit Räumen und Perspektiven gearbeitet. So befindet sich der Hörer nicht wie so oft permanent mit dem Ohr am Geschehen, er wird durchaus auch mal „stehen gelassen“, während sich die Figuren entfernen und die Handlung weiter im Hintergrund oder anderen Räumen spielt. Auch einige Sounddesign-Schmankerl bekommt man geboten, wie z.B. die Sache mit dem Hörgerät oder die wirklich gut gemachte Zeitlupe kurz vor dem Ende.
    Der Soundtrack von Maik Detmers ist ebenfalls konzeptionell angelegt und verleiht den Hörspielen einen ganz eigenen, frischen Stil. Es handelt sich durchweg um rein perkussive Stücke, gespielt mit verschiedenen Schlaginstrumenten bzw. dem Schlagzeug.


    Was mir nicht so gut gefallen hat ist Herr Göllner in seiner Rolle, wobei ich ihn als Sprecher nicht schlecht finde, er aber hier für meinen Geschmack seiner Figur häufig zu viel „Coolness“ in die Stimme gelegt hat. Schade fand ich, dass das tatsächliche Ende, oder besser gesagt die Auflösung, in Form einer Erzählung stattfindet und nicht als Spielszene. Unterm Strich trübt das meinen Gesamteinduck des Werkes aber nur unwesentlich.


    Die toll gestalteten Cover, ebenfalls von Marco Göllner, runden das Konzept „Goldagengarden“ ab. Wie im Hörspiel geht es dabei um Kunst, genauer gesagt um Bilder, aus deren Versatzstücken die Motive erstellt wurden. Auch hier wurde mit viel Liebe zu Detail gearbeitet und kleine Fingerzeige eingbaut. Ich empfehle dazu einen Blick auf die Goldagengarden-Webseite, auf der darauf genauer eingagangen wird. Besser aber erst, nachdem man sich die Auflösung der Geschichte angehört hat.


    Die neunteilige Miniserie „Goldagengarden“ ist wirklich eine herausragende Produktion und zählt sicher zu den besten Hörspielen des vergangenen Jahres. Intelligent, spannend, temporeich und akustisch sehr gut umgesetzt.

  • Ich fand Goldagengarden gut bis ziemlich gut, aber nicht - wie viele andere Hörer - sehr gut.


    Das Konzept selbst erinnert stark an gute alte Radio-Mehrteiler wie Paul Temple oder Die Dame-Reihe inklusive des Cliffhangers am Ende jeder Folge. Das Tempo ist sehr hoch und die Zeit verfliegt beim Hören wie im Fluge.


    Bei den Sprechern muss man Marco Göllner wirklich loben, wie er es geschafft, die Schauspieler (die höchstwahrscheinlich fast alle allein im Studio waren) so zusammenzuschneiden, dass man wirklich das Gefühl hat, da stände eine Gisela Trowe zusammen mit einem Peter Schiff und einem Philipp Moog gemeinsam im Studio. Ebenfalls ist erstaunlich, wie agil die "Oldstars" Gerlach Fiedler, Gisela Trowe und Peter Schiff hier klingen, hatte man ihnen in anderen Produktionen (Trowe und Fiedler bei Die drei ???, Schiff bei Poe) das Alter doch schon stark angehört.


    Das Ensemble wäre richtig toll, gäbe es da nicht eine große Ausnahme: Marco Göllner als Chap Hilmann. Dieses dauergepresste, über-coole Geflüstere hat mir zwischenzeitlich richtig die Laune verdorben, weil es einfach nur nervt. Da drängt sich so ein bisschen der Eindruck auf, der Autor habe sich selbst die coolste Rolle auf den Leib geschrieben, was meiner Meinung nach hinten losgegangen ist.


    Ein weitere Kritikpunkt ist, dass der Story am Ende ein wenig die Luft ausgeht. Als geübter Prison Break/24-Gucker (und in diese Richtung wollte man laut Göllner ja auch gehen) hatte ich eigentlich auf die große Überraschung am Schluss gefreut, die aber dann ausbleibt. Irgendwie wird dann alles in schlechter Justus Jonas-Manier erklärt und aufgelöst.


    Letzter großer Kritikpunkt ist die Aufteilung der Handlung, die locker auf 5 CDs gepasst hätte, auf 9 CDs. Dabei gehts mir persönlich jetzt garnicht um den Preis (für Qualität bin ich gerne bereit zu bezahlen), sondern darum, dass ich ein Hörspiel wie Goldagengarden am Stück höre und es dann ziemlich nervig ist, die CDs alle 40 Minuten austauschen zu müssen.


    Trotz aller Kritik gehört Goldagengarden zu den innovativsten Hörspielen, die 2010 erschienen ist und ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen - aber dann bitte ohne Chap Hilmann. ;)
    ,

  • Ich finde die Performance von Marco Göllner eigentlich ziemlich gut. Bringt die Art seines Charakters wirklich überzeugend rüber. Wirkt zumindest nicht wie gewollt und nicht gekonnt. Ob man das persönlich mag ist was anderes, aber handwerklich kann man da nix dran aussetzen.


    Über ne Fortsetzung würde ich mich auf jeden Fall auch freuen.

  • An Marcos gepresste Art und Weise zu reden habe ich mich auch erst gestört, aber daran gewöhnt man sich, Hillmann ist halt eine coole Sau und es passt zum Charakter, das geht schon in Ordnung und das Ensemble ist und bleibt richtig toll, ob mit oder ohne Marco, denn er schmälert ja nicht die Leistungen seiner Kolleginnen und Kollegen.

  • Ein weitere Kritikpunkt ist, dass der Story am Ende ein wenig die Luft ausgeht. Als geübter Prison Break/24-Gucker (und in diese Richtung wollte man laut Göllner ja auch gehen) hatte ich eigentlich auf die große Überraschung am Schluss gefreut, die aber dann ausbleibt. Irgendwie wird dann alles in schlechter Justus Jonas-Manier erklärt und aufgelöst.


    Naja, das ist die Gefahr bei einem Stoff, bei dem immer und immer wieder der Plot in eine andere Richtung gedreht wird. Du erwartest am Schluss natürlich den MEGA-WOW und bist dann enttäuscht, wenn der nicht kommt. Die Serien wie 24 etc. haben unser Erwartungsverhalten auch massiv in die Richtung getrimmt.


    Ich fänds eigentlich mal cool, wenn der erste Verdacht, den einer bei der Ermittlung hat, nachher einfach mal so tatsächlich stimmt. :)

    They call me the Fader. Which is what I'm about to do.

    Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, d.h. man darf sie kostenlos nutzen.
    Allerdings ist sie nicht Open Source, d.h. man darf sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.