Hans Magnus Enzensberger - Hammerstein oder Der Eigensinn - Eine deutsche Geschichte

  • Hammerstein oder Der Eigensinn - Eine deutsche Geschichte
    Autor: Hans Magnus Enzensberger
    Produktion: RB/SWR 2008 / der hörverlag 2008
    Regie: Christiane Ohaus
    Musik: Michael Riessler
    Länge: 224 Min.


    Mit:
    Autor: Friedhelm Ptok
    Kurt von Hammerstein: Hans-Michael Rehberg
    Maria von Hammerstein: Lieselotte Paul
    Marie Luise: Gisela May
    Maria Therese: Tatja Seibt
    Helga: Inge Keller
    Hildur: Ingeborg Medschinski
    Kunrat: Glenn Goltz
    Ludwig: Dieter Hufschmidt
    Franz: Joachim Bliese
    Ruth von Mayenburg: Gisela Trowe
    Walther von Lüttwitz: Klaus Herm
    Kurt von Schleicher: Jürgen Uter
    Werner Scholem: Bernhard Schütz
    Leo Roth: Andreas Köhler
    Marschall Woroschilow: Dietmar Mues
    Zitate: Imogen Kogge/Stephan Schad


    Danksagung: Hans Magnus Enzensberger


    Musik: Jörg Assmann, Andreas Pfeifer, Michael Riessler


    "Ich bin kein "Held' - du irrst dich in mir. Ich stehe meinen Mann, wenn's Not tut. Ich drängle mich nicht zum Rad der Geschichte wie ihr! Dazu bin ich zu faul." Kurt von Hammerstein-Equord, General der Reichswehr, war weder Held, noch Mitläufer. Hans Magnus Enzensberger erzählt von dem Leben eines eigensinnigen Charakters und der Geschichte seiner Familie. Aus altem westfälischen Adel stammend, passte Kurt von Hammerstein so gar nicht in das Klischee einer von Standesdünkel und Engstirnigkeit geprägten militärischen Kaste. Freunde wie der letzte Reichskanzler der Weimarer Republik, Schleicher, beschreiben ihn als nüchtern, klug und genial einerseits, aber auch als lässig und stinkfaul. Er war weder autoritäts- und obrigkeitsversessen, noch teilte er die in seinen Kreisen weit verbreitete antiparlamentarische Grundhaltung.
    1933 änderte sich sein Leben jedoch grundsätzlich: Adolf Hitler enthüllte in einem Gespräch mit dem General seine Weltkriegspläne - Hammerstein entschied sich gegen einen Militärputsch und quittierte seinen Dienst. Es waren erst seine Töchter und Söhne, die aktiv wurden. Zunächst im kommunistischen Untergrund. Und dann am 20. Juli 1944...



    Kurt von Hammerstein ist eine Figur, die in der historischen Betrachtung etwas zwiespältig gesehen wird. Einerseits der große Feind des Nationalsozialismus, auf der anderen Seite aber auch der passive Charakter, der letztlich Taten vermissen lässt.


    In der historischen Betrachtung des Widerstandes gegen Hitler fällt der Name "Hammerstein" weniger wegen ihm, sondern wegen seiner Kinder, die deutlich aktiver waren.


    Hans Magnus Enzensberger beleuchtet die Familie Hammerstein in einem Zeitfenster vom Beginn des ersten Weltkrieges bis zum Ende des zweiten und fügt auch Rück- und Ausblicke auf die Zeit davor bzw. danach ein. Aus all dem wird ein plastisches Bild dieser Epochen gezeichnet, dass mit Textpassagen und fiktiven Dia- und Monologen mehr und mehr Kontur gewinnt.


    Etwas spröde ist vielleicht die Darstellung. Der Begriff "Hörspiel" passt zwar vom Wortlaut, führt aber ein wenig in die Irre, denn das landläufig mit diesem Begriff verbundene szenische Spiel, kommt hier nicht auf die gewohnte Art zur Geltung. Einzig die Gespräche mit den Zeitzeugen gehen etwas in diese Richtung. Ansonsten hat man große Erzählanteilen, die hauptsächlich von Friedhelm Ptok, aber auch von den Darstellern der einzelnen Beteiligten vorgetragen werden.


    Insofern ist die Sprecherleistung hier nicht sonderlich auffällig, da ein besonderes Abtauchen in eine Rolle nur bedingt vorhanden ist.


    Die Darstellung ist allerdings für den zu transportierenden Inhalt sicherlich eine gute Wahl. Denn auf diese Art kann man den weitläufigen und interessanten Inhalt recht kompakt in knapp vier Stunden fassen. In einer gewohnten Hörspielkulisse, hätte man hier vielleicht - aufgrund der dramaturgischen Notwendigkeiten - mehr Zeit verwenden müssen und den Fokus eventuell etwas verloren.


    "Hammerstein oder Der Eigensinn" ist ein absolut empfehlenswertes Hörstück, das das Leben von Kurt von Hammerstein und seiner Kinder auf eine interessante Weise darstellt. Auch wenn die Form etwas ungewöhnlich und zumindest am Anfang auch spröde wirkt, ist diese für den zu transportierenden Inhalt sehr geeignet.

    Meine Wertung: + + +