Hörspiele mit oder ohne Erzähler?

  • Dann klingt das ja so, als sei es kniffliger, ohne Erzähler zu schreiben. Frage an den Macher: was sollte ein Hörspiel haben, damit man es ohne Erzähler nicht zu "holzig" klingen lässt? Und was ich mich schon länger frage: warum funktioniert das bei Mark Brandis so gut?


    Man braucht eine große Geräuschkullisse, bzw. Sounddesign, damit der Hörer möglichst zu jeder Zeit weiß wo er ist und was Sache ist, alernativ lassen viele auch die Handlungen der Sprecher kommentieren: Jetzt nehm ich dieses Ding mal auf....


    Ein schönes Beispiel bei uns ist ExperimentZero, was komplett ohne Erzähler auskommt und viel mit Position der Sprecher, Effekten und einer sehr sparsam eingesetzten Musikkullisse arbeitet. Etwas drum herum mogeln tun wir beim Fluch, der eigentlich auch keinen Erzähler hat, allerdings einzelne Erzählpassagen.


    Mark Brandis löst das mit z.B. mit dem Protagonisten als Ich-Erzähler...

  • Mark Brandis löst das mit z.B. mit dem Protagonisten als Ich-Erzähler...


    Ja, aber der kommt doch höchstens 2-3x im Hörspiel vor, und das auch noch verteilt über die zwei Stunden. Ich würde den nicht wirklich einen Erzähler nennen, zumal der ja auch eher nur seine Gedanken erzählt und nicht "so, und jetzt gehe ich da mal rüber und mache den Schrank auf". So wie ich Euer Echtzeitspiel einschätze, habt Ihr ja mit dem Vorteil der Einheit von Raum und Zeit arbeiten können, was sehr klug ist, aber ein paar Notwendigkeiten für Erzählereinsatz vermindert (Orts- und Zeitwechsel).


    Deswegen nochmal die Frage:

    Zitat

    was sollte ein Hörspiel haben, damit man es ohne Erzähler nicht zu "holzig" klingen lässt und warum funktioniert das bei Mark Brandis so gut?

    Zoe: "Proximity alert. Must be coming up on something."
    Wash: (alarmed) "Oh my god. What can it be? We're all doomed! Who's flying this thing!?" (deadpan) "Oh right, that would be me. Back to work."

  • Im prinzip wurde das doch eigentlich schon gesagt:


    Bei MB z.B. die sehr detaillierte Audio- und Klangkullisse. Und ja der Ich-Erzähler wird Sparsam eingesetzt, dafür erzeugt er aber vor allem Athmosphere und gibt Einblicke hinter die Kullissen: Beispielsweise wie Mark sich gerade fühlt, wie er zu Crewman X steht, wie er die Lage einschätzt,...


    Bei einem Hörspiel ohne einen Erzähler musst Du quasi jeden Handgriff hörbar und (besonders wichtig) verstehbar machen, damit der Hörer in seinem Kopf die passenden Bilder entstehen lassen kann und alles flüssig und anschaulich klingt. Alternativ leichte Beschreibungen in den Dialog einfließen lassen, was aber oft unfreiwillig komisch werden kann: Ich gehe jetzt die Leiter hoch, jetzt bin ich auf der Leiter, puh, jetzt bin ich die Leiter raufgeklettert. :)


    Was ist die Aufgabe eines Erzählers? Die Erklärungen, die Hintergründe und natürlich die Stimmung zu erzeugen, die den Hörer einsaugt... wenn Du keinen Erzähler hast, müsstest Du genau das auf dem anderen Weg transportieren..


    Hab ich was vergessen?

  • Bei einem Hörspiel ohne einen Erzähler musst Du quasi jeden Handgriff hörbar und (besonders wichtig) verstehbar machen, damit der Hörer in seinem Kopf die passenden Bilder entstehen lassen kann und alles flüssig und anschaulich klingt. Alternativ leichte Beschreibungen in den Dialog einfließen lassen, was aber oft unfreiwillig komisch werden kann: Ich gehe jetzt die Leiter hoch, jetzt bin ich auf der Leiter, puh, jetzt bin ich die Leiter raufgeklettert.


    Vielleicht ist auch das Geheimnis, nur solche Hörspielszenen zu machen, die keine Leiterszenen enthalten, die erfordern, dass jemand sowas erzählt.


    Von der Kunst, die Sachen so unterzubringen, dass sie nicht "fürs Publikum" gesagt werden, hatten wirs hier ja schon mal. Aber ich hab's immer noch nicht raus, wieso mich die Brandis-Hörspiele so hineinziehen; was das ausmacht. Naja, muss man ja auch nicht wissen.

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  • Fuer mich ist ein wichtiger Vorteil eines Erzaehlers die einfache Beschreibung eines Orts- und Personenwechsels. Wenn in einem Hoerspiel mit einmal von Ort A und Personen X, Y, und Z mit einmal nach Ort B und Personen U, V, W gewechselt wird, dann ist das fuer mich oft schwer nachzuvollziehen. Ich brauche dann oft so lange um ueberhaupt festzustellen, wer da nun spricht und wo das ganze sich nun abspielt, dass ich die Handlung dann nicht richtig mitkriege.


    Insgesamt sind heutzutage die Hoerspiele anspruchsvoller als vor 30 Jahren und auch oft viel mysterioeser (z.B. Burns, Schwarze Sonne, Projekt Meru, Brandis). Da sollte meiner Meinung nach entweder das Skript so geschrieben sein, dass der Zusammenhang schnell und einfach aus den Dialogen ersichtlich ist, oder ein Erzaehler sollte das in einen grossen Rahmen bringen. Bei Brandis klappt das meiner Meinung nach prima und wenn dem Hoerer Gedankengaenge mitgeteilt werden sollen, dann erzaehlen die Hauptdarsteller halt aus deren Position. Ich habe gerade nochmal Larry Brent gehoert, da wurde immer kurz und praegnant gesagt, wer wo was macht. Deshalb habe ich die auch immer ganz schnell verstanden und das mochte ich sehr gerne. Bei Dorian Hunter ist das meiner Meinung nach gut geloest worden, aber manchmal muss ich da auch sehr konzentriert hinhoeren oder auch einen Track 2x hoeren um das genau zu verstehen. Bei Projekt Meru habe ich einen Erzaehler oft vermisst. Die Serie ist gut, aber man sollte meiner Meinung nach mehr darauf achten, die wechselnden Handlungsstraenge besser zu erklaeren. Gerade bei Mystery-Serien, die den Hoerer schon ansich im dunkeln stehen lassen, hilft ein Erzaehler sehr. Ich koennte mir z.B. Gabriel Burns ohne Erzaehler nicht vorstellen.


    Gute Erzaehler sind ja meistens schon aelter und weisen eine tiefe Stimme auf. Aber einer der besten Erzaehler ist der junge Andreas Froehlich. Was der z.B. bei Wallander herzaubert ist schon phaenomaenal. Ich wuesste z.B. nicht, wie man die Kindermisshandlung in Folge ohne Erzaehler so erschreckend haette darstellen koennen.


    Also wie gesagt - Eine Pauschalantwort gibt es hier wohl nicht. Ein gutes Skript kann einen Erzaehler schon ersetzen, aber manche Hoerspiele sind meiner Meinung nach mit Erzaehler leichter zu verstehen.


  • Ein gutes Skript kann einen Erzaehler schon ersetzen.


    Ich glaube, umgekehrt wird ein Schuh draus.
    Auch, wenn die Mehrzahl der Hörspiele über einen Erzähler verfügt, so ist der eigentliche Grundzustand der "Kunstform Hörspiel" doch der ohne Erzähler. Warum sich der Erzähler so deutlich durchgesetzt hat, liegt aber auf der Hand und eigentlch wurden ja alle Gründe schon genannt.
    Knapp zusammen gefasst:
    1. Es ist für den Autoren einfacher, ein Skript mit Erzähler zu schreiben.
    2. Es ist für den Hörer einfacher, der Handlung zu folgen.
    3. Das Hörspiel hat Erzählweisen anderer Medien übernommen - so gibt es ja etwa auch Filme mit Erzähler. (Hard boiled Krimis ohne Erzähler - geht das überhaupt?)


    Ich würde mir alles in allem nur mehr Abwechslung wünschen, es gibt Hörspiele, denen würde dersparsamere EInsatz des rzählers sehr gut tun, und es könnte auch mal wieder versucht werden, ganz ohne Erzähler auszukommen. Mir fallen auf Anhieb mehrere Serien ein, bei denen das harvorragend klappt - Lady Bedford und Ordensschwester Amelie vom Hörplaneten etwa. Andererseits wäre zum Beispiel Offenbarung 23 ohne Erzähler vielleicht besser gewesen - wenn man mehr Inhlat und vor allem die (ohnehin schwache) Personencharakterisierung in die Dialoge eingearbeitet hätte, hätte die Serie vielleicht mehr Drive und Tempo bekommen können. Der Erzähler tuit da jedenfalls nichts, was man nicht auch so hingekriegt hätte.

  • bei O23 noch mehr Dialoge :D oder meinste andere/bessere Dialoge?


    Bei O23 fand ich den Erzähler eigentlich ganz ok.


    Wohl eher bessere Dialoge, noch mehr müssen es dann nicht wirklich sein, wobei das gerne auch mal nur Monologe waren, ich denke da an Lutz Mackensy ellenlangen Part. :D

  • Auch, wenn die Mehrzahl der Hörspiele über einen Erzähler verfügt, so ist der eigentliche Grundzustand der "Kunstform Hörspiel" doch der ohne Erzähler. Warum sich der Erzähler so deutlich durchgesetzt hat, liegt aber auf der Hand und eigentlch wurden ja alle Gründe schon genannt.
    Knapp zusammen gefasst:
    1. Es ist für den Autoren einfacher, ein Skript mit Erzähler zu schreiben.
    2. Es ist für den Hörer einfacher, der Handlung zu folgen.
    3. Das Hörspiel hat Erzählweisen anderer Medien übernommen - so gibt es ja etwa auch Filme mit Erzähler. (Hard boiled Krimis ohne Erzähler - geht das überhaupt?)


    Hier muss vermutlich auch bedacht werden, dass »der eigentliche Grundzustand der "Kunstform Hörspiel"« das Originalhörspiel ist, das genau auf dessen spezielle Bedingungen hin geschrieben wurde, während später (auch heute) viele Hörspiele Bearbeitungen anderer Darstellungsformen (Theaterstücke, Romane) waren, die - vor allem in letzterem Fall - eine ganz andere Dramaturgie und meistens ein viel größeres (episches) Handlungsformat mitbringen und so vielfach einen Erzähler praktisch unumgänglich machen (oder höchst merkwürdige, nicht durch Log- oder Tagebucheintragungen gerechtfertigte Selbstgespräche der Protagonisten).


  • Wohl eher bessere Dialoge, noch mehr müssen es dann nicht wirklich sein, wobei das gerne auch mal nur Monologe waren, ich denke da an Lutz Mackensy ellenlangen Part. :D


    Genau, besser, nicht mehr. Eigentlich hat der Erzähler bei O23 überhapt keinen Auftrag - außer, extrem cool zu klingen! Alles, was er "erzählt", erfährt man eigentlich auch so über die Dialoge (und Monologe), den rest hätte man da auch einbauen können.



    Hier muss vermutlich auch bedacht werden, dass »der eigentliche Grundzustand der "Kunstform Hörspiel"« das Originalhörspiel ist, das genau auf dessen spezielle Bedingungen hin geschrieben wurde, während später (auch heute) viele Hörspiele Bearbeitungen anderer Darstellungsformen (Theaterstücke, Romane) waren, die - vor allem in letzterem Fall - eine ganz andere Dramaturgie und meistens ein viel größeres (episches) Handlungsformat mitbringen und so vielfach einen Erzähler praktisch unumgänglich machen (oder höchst merkwürdige, nicht durch Log- oder Tagebucheintragungen gerechtfertigte Selbstgespräche der Protagonisten).


    Naja, es werden auch heute noch (und sogar verstärkt wieder) sehr viele "Original"-Manuskripte vertont - schon aus Kostengründen. Aber im Prinzip hast DU natürlich Recht, gar keine Frage.
    Irgendwann at sich die Erzählweise dieses Mediums halt gwandelt, ich will hier auch gar nicht wertzen, mit Erzähler = doof, ohne Erzähler = super. Es muss halt passen. WEnn der Erzähler tatsächlich Teil des dramaturgischen KOnzeptes ist, so wei bei Benjamin Blümchen, Holgers Weltreisen, Gabriel Burns oder Jack Slaughter, dann auf jeden Fall und sehr gerne Erzähler.
    Wenn er aber nur "missbraucht" wird, um irgndwelche Informationen zu vermittlen, die der Autor sonst nicht unterkriegt, dann ist es langweilig.

  • Wohl eher bessere Dialoge, noch mehr müssen es dann nicht wirklich sein, wobei das gerne auch mal nur Monologe waren, ich denke da an Lutz Mackensy ellenlangen Part. :D


    Folge 13 ist meine Lieblingsfolge... Und der Erzählerwechsel hat auch Sinn gemacht, aber das schreib ich bei Gelegenheit in den entsprechenden Thread.


    Allgemein schließe ich mich dem Tenor an, dass es auf das Wie ankommt. Bei Feeder 1 war mir definitiv zu viel Erzähler dabei, ähnlich wie bei "Die falsche Fährte" vom Hörverlag (Wallander).
    Bei Gabriel Burns (also bei Folge 1-3, dann hab ich aufgehörtt zu hören) Ist mir der Erzählerpart zu unpassend. Bei fast jeder Kapfszene hört man Herrn Burns "ah-hmjaaaöaah" oder ähnliche Geräusche abgeben, der WErzähler schildert das Geschehen...ist nicht so mein Fall.


    Was ich hingegen eigentlich immer recht gut fand sind autobiographische Erzähler wie sie beim Gruselkabinett (z.B. "Die Spinne") oder bei Prof. Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen eingesetzt werden. Bei letzterem übernimmt Hatch gleichzeitig noch die Alianz zum meist unwissenden Hörpuplikum - sehr schön inszenient!.


    Fazit: Erzähler: Ja, gerne. Aber bitte gut dosiert.

  • [...] oder bei Prof. Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen eingesetzt werden. Bei letzterem übernimmt Hatch gleichzeitig noch die Alianz zum meist unwissenden Hörpuplikum - sehr schön inszenient!.


    Stimmt, diese Art könnte man gerade bei leichter Kost öfter wählen. Auch bei den ersten ???-Fällen war es ja so, dass der Erzähler direkt zu den Hörern gesprochen hat und sie zum mitraten animiert hat. Als mehr der Erzählertyp, der die Verbindung zwischen dem Hörspiel und dem Hörer herstellt und nicht nur erzählt, was man nicht hören kann.

  • Gibt es eigentlich irgendwo einen Podcast oder einen Artikel, in dem einer aus dem Nähkästchen über das Erzählen ohne Erzähler spricht oder schreibt?

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