Deutsche Autoren lassen Stories in USA spielen

  • Angeregt von einer älteren Debatte ...


    Wie soll man an solche banalen Fragen wie "Warum denn? Gibt's da tatsächlich belastbare Daten, dass Hörer Thriller nur im Ausland spielend toll finden?" irgendwelchen Spaß entwickeln?


    ... setze ich diese "banale Frage" nochmal neu auf.


    Im Kino hat man sich als deutscher Zuschauer ja daran gewöhnt, dass praktisch alle Action-, SF- und Thrillerfilme im englischsprachigen Ausland spielen, einfach deswegen, weil die Filme daher kommen. Es erschließt sich mir aber nicht, warum es in deutschsprachigen Hörspielen, die von deutschsprachigen Autoren geschrieben wurden und die nicht auf einer englischen Vorlage basieren, fast immer (jedenfalls im kommerziellen Hörspiel) genauso ist.


    Antworten, die lediglich besagen, "es ist halt cooler, was in Castle, Maine spielen zu lassen als in Bielefeld" helfen nicht wirklich, weil das noch nicht erklärt, WARUM das denn "cooler" ist. Vielleicht kann mich jemand erleuchten? Und was hindert Hörspielmacher daran, es anders zu machen?


    Und genau da kommt dann die obige Frage wieder rein ... "Gibt's da tatsächlich belastbare Daten, dass Hörer Thriller nur im Ausland spielend toll finden?"

    They call me the Fader. Which is what I'm about to do.

    Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, d.h. man darf sie kostenlos nutzen.
    Allerdings ist sie nicht Open Source, d.h. man darf sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Warum zitierst Du Raimon Weber und gleichzeitig fühlt sich das natürlich auch als Seitenhieb in meine Richtung an. Was hast Du davon?


    Sorry, aber Maine ist nun mal cooler als Bielefeld. Was mich daran hindert? Gar nichts? Ich habe nur keinen Bock auf Deutschland, weil das direkt vor der Haustür liegt.


    Es hat meines Wissens nach auch NIEMAND gesagt, dass die Hörer nur Geschichten toll finden, die außerhalb von Deutschland spielen würden. Dann gäbe es Mord in Serie schon lange nicht mehr.


    Welche ältere Debatte ist das denn? Wurde die nicht schon mal in einem anderen Thread diskutiert?


    By the way, MN15 spielt in Deutschland. Hat aber scheinbar niemanden so recht interessiert oder irre ich mich?

  • Ich finde es "cool", wenn zwischendurch auch einmal eine Folge in Deutschland spielt. Als Besonderheit eben. Insgesamt mag ich es aber eher, im Hörspiel auf Reisen zu gehen. Und das Schöne für die Macher ist doch, dass die Bilder ausschließlich im Kopf der Hörer entstehen und ein noch so exotischer Schauplatz keine zusätzlichen Kosten verursacht. Da freue ich mich, dass die Hörspielmacher mit ihren Möglichkeiten aus dem Vollen schöpfen und nicht nur an die unterschiedlichsten Orte, sondern auch in unterschiedliche Zeiten reisen.

  • Ich finde es "cool", wenn zwischendurch auch einmal eine Folge in Deutschland spielt. Als Besonderheit eben. Insgesamt mag ich es aber eher, im Hörspiel auf Reisen zu gehen. Und das Schöne für die Macher ist doch, dass die Bilder ausschließlich im Kopf der Hörer entstehen und ein noch so exotischer Schauplatz keine zusätzlichen Kosten verursacht. Da freue ich mich, dass die Hörspielmacher mit ihren Möglichkeiten aus dem Vollen schöpfen und nicht nur an die unterschiedlichsten Orte, sondern auch in unterschiedliche Zeiten reisen.

    Das ist schon mal eine interessante Antwort.


    Warum zitierst Du Raimon Weber und gleichzeitig fühlt sich das natürlich auch als Seitenhieb in meine Richtung an. Was hast Du davon?

    Nichts "habe ich davon". Es fällt mir auf, und es interessiert mich einfach. Da ist kein "Seitenhieb" und kein gar nichts. Ich habe ganz bewusst überhaupt keinen Macher namentlich zitiert, weil es darum auch null geht!
    Aber diejenigen, die sich angesprochen fühlen, sind herzlich eingeladen, zu antworten. Es sollte einem Profi, der ja üblicherweise Gründe für sein Tun hat, auch nicht schwerfallen, sich zur Sache und sachlich zu äußern.


    Sorry, aber Maine ist nun mal cooler als Bielefeld. Was mich daran hindert? Gar nichts? Ich habe nur keinen Bock auf Deutschland, weil das direkt vor der Haustür liegt.

    Das könnte doch den Amis auch so gehen. Warum schreiben die dann trotzdem über Maine (wenn wir jetzt hier mal bei Stephen Kings Heimatstaat bleiben ... seine Geschichten spielen fast immer vor seiner Haustür) statt über Indonesien oder Pakistan? Weil sie eben nicht denken, dass das Naheliegende weniger "cool" ist.
    Warum denkst Du, dass es so wäre?


    Es hat meines Wissens nach auch NIEMAND gesagt, dass die Hörer nur Geschichten toll finden, die außerhalb von Deutschland spielen würden. Dann gäbe es Mord in Serie schon lange nicht mehr.

    Und warum ist das nicht die Regel? Es wäre doch viel naheliegender als das, was meistens geschieht. Der Blick auf die Rollenlisten der meisten Hörspielserien zeigen deutsche Sprecher und englische Rollennamen.


    Welche ältere Debatte ist das denn? Wurde die nicht schon mal in einem anderen Thread diskutiert?

    Nicht in einem eigenen Thread, soweit ich weiß.

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  • Sicher hast Du Raimon zitiert, das waren halt genau seine Worte! Aber der wird sich hier nicht dazu äußern, dazu fehlt ihm die Zeit und ich denke mal, Bielefeld reizt ihn nicht. Er könnte dazu sicherlich auch tolle, packende Storys entwickeln, aber man macht halt auch lieber das, was einen interessiert, was einen reizt, was man mag. Wenn man in so einer Position ist, dann nutzt man das natürlich auch aus. Und ich äußere mich zur Sache und sachlich. Wenn Du aber zitierst, dann ist es auch mein gutes Recht, das zu hinterfragen.


    Warum Stephen King das so macht? Weil es seine Leser so wollen? Weil er sich nicht für Pakistan oder Indien interessiert? Er schreibt für ein möglichst breites Publikum und das schränkt er damit vielleicht ein, wobei Stephen King sich auch so verkaufen würde. Aber gerade deshalb schreibt er über das, was er will. Ich glaube auch nicht, das er sich da erklären muss. Du kannst ihn aber natürlich gerne fragen.


    Zitat

    Und warum ist das nicht die Regel? Es wäre doch viel naheliegender als das, was meistens geschieht. Der Blick auf die Rollenlisten der meisten Hörspielserien zeigen deutsche Sprecher und englische Rollennamen.


    Also mir ist es völlig egal, ob etwas die Regel ist oder nicht, da ich mir sowieso nicht vorschreiben lasse, wo was zu spielen hat. Denn auch wenn irgendwas vielleicht am meisten im Ausland spielt, das macht eine Sache ja noch lange nicht qualitativ oder inhaltlich besser. Wenn bei Label X Serie Y wieder mal in Amiland spielt, dann interessiert mich das nicht, denn dann gehe ich hin und mache einfach auch eine Folge in Amiland, die aber besser ist. Warum auch nicht? Ich richte mich jedenfalls nicht nach anderen.

  • Sicher hast Du Raimon zitiert, das waren halt genau seine Worte! Aber der wird sich hier nicht dazu äußern, dazu fehlt ihm die Zeit und ich denke mal, Bielefeld reizt ihn nicht. Er könnte dazu sicherlich auch tolle, packende Storys entwickeln, aber man macht halt auch lieber das, was einen interessiert, was einen reizt, was man mag. Wenn man in so einer Position ist, dann nutzt man das natürlich auch aus. Und ich äußere mich zur Sache und sachlich. Wenn Du aber zitierst, dann ist es auch mein gutes Recht, das zu hinterfragen.

    Hatte keine Ahnung, wer sich hinter Max Medusa verbirgt.


    Warum Stephen King das so macht? Weil es seine Leser so wollen? Weil er sich nicht für Pakistan oder Indien interessiert? Er schreibt für ein möglichst breites Publikum und das schränkt er damit vielleicht ein, wobei Stephen King sich auch so verkaufen würde. Aber gerade deshalb schreibt er über das, was er will. Ich glaube auch nicht, das er sich da erklären muss. Du kannst ihn aber natürlich gerne fragen.

    Danke, aber das muss ich zur Beantwortung der Fragen nicht tun. Ich habe nur festgestellt, dass es mMn ein deutsches Phänomen ist, "coole Sachen" im Ausland anzusiedeln. Objektive Gründe dafür würden mich interessieren.


    Wenn bei Label X Serie Y wieder mal in Amiland spielt, dann interessiert mich das nicht, denn dann gehe ich hin und mache einfach auch eine Folge in Amiland, die aber besser ist. Warum auch nicht? Ich richte mich jedenfalls nicht nach anderen.

    Verlangt ja auch keiner. Aber Du sagst, dass Maine cooler als Bielefeld ist. Warum das so sein soll, wäre interessant zu erfahren.

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    Allerdings ist sie nicht Open Source, d.h. man darf sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Hatte keine Ahnung, wer sich hinter Max Medusa verbirgt.


    Nicht Raimon. Die Aussage mit Bielefeld und Maine hat Raimon getroffen.


    Zitat

    Danke, aber das muss ich zur Beantwortung der Fragen nicht tun. Ich habe nur festgestellt, dass es mMn ein deutsches Phänomen ist, "coole Sachen" im Ausland anzusiedeln. Objektive Gründe dafür würden mich interessieren.


    Wie hast Du festgestellt, dass es ein "deutsches Phänomen" ist? Es ist wohl eher dein Eindruck, dass dem so ist.


    Zitat

    Verlangt ja auch keiner. Aber Du sagst, dass Maine cooler als Bielefeld ist. Warum das so sein soll, wäre interessant zu erfahren.


    Vergleich mal die beiden Landstriche miteinander. Sicherlich kann man auch interessante Geschichten über Bielefeld schreiben, wenn man unbedingt will und muss, aber Maine bietet da deutlich mehr und die Ideen und Inspirationen springen einen ja nur so an.

  • Für mich ist es der Umstand das ich problemlos innerhalb weniger Stunden kostengünstig in Bielefeld bin, aber nicht in Maine. Ein Schauplatz direkt vor der Haustür hat für mich nichts "exotisches" an sich und ich finde Geschichten in bekanntem Gebiet eher weniger ansprechend. Für mich ist Hörspiel/Film/Buch eine Reise zu Orten an denen ich nicht problemlos mal eben sein kann, wenn ich das mag. London ist gruseliger als Hamburg. Unterhaltung = Alltagsflucht, und dem entfliehe ich nicht, wenn ich ein Hörspiel höre das in Hannover spielt. :)

  • Einige Sachen wie " wir fuhren stundenlang ohne ein anderes Auto zu sehen " oder " der Ort mit seltsamen Einheimischen " funktionieren wohl auch besser im weltläufigen Amerika. Und wenn man das hier in Deutschland machen würde kommt irgendwann die Frage auf warum so viele Geschichten im Osten spielen :-)

  • Für mich spielen da drei Punkte rein. Auf der einen Seite bieten die fremden Orte eine gewisse Exotik und laden so viel mehr zur Alltagsflucht ein. Gewisse Szenarien - wie z.B. das "weite Land" sind in Deutschland gar nicht möglich, sowas muss im Ausland spielen. Dann besteht bei einer Handlung in Deutschland immer die Möglichkeit, dass der Hörer den Ort kennt und entsprechend genau auf die Ortsbeschreibung achtet und nach Fehlern sucht. Das reißt das dann ein Stück weit den Hörer auch aus dem Hörspiel raus.
    Nebenbei sind wir wohl dank Filmen auch auf Amerika als Handlungsort geprägt, was auch noch eine Rolle spielen dürfte.

  • US-Autoren lassen ihre Geschichten in den USA spielen, weil es das US-Publikum (und die Studios) so wollen. Hinzu kommt, dass sich die USA eben über einen ganzen Kontinent erstrecken, und wer in New York wohnt, für den ist Wyoming oder Alabama im Zweifelsfall eben eine andere Welt. Eine Serie wie "The Glades" etwa richtet sich nicht ans europäische Fernsehpublikum, sie ist nach innen, auf das US-Publikum gerichtet. Das ist zum einen der zu bedienende Markt und zum anderen ein bisschen Landeskunde und Zusammenhaltslehre, wie sie sich ein Sender wie FOX wünscht.


    Deutschland ist da traditionell anders, wobei ich nur spekulieren kann, warum das so ist. Möglicherweise hat es etwas mit der zentraleuropäischen Lage zu tun und damit, dass Deutschland von vielen anderen Ländern, Sprachen und Kulturen umgeben ist. Jedenfalls scheint es so etwas wie ein "deutsches Sehnen" nach fremden Welten zu geben. Das zeigt meiner Meinung nach schon Karl May.


    Durch die Omnipräsenz der USA vor allem in Film und Fernsehen ist es außerdem inzwischen so, dass der gemeine deutsche Zuschauer, Leser oder Hörer die Space Needle in Seattle eher verorten kann als das Elefantenklo in Gießen. Auf der anderen Seite gibt es aber wiederum recht erfolgreiche deutsche Regional-Krimis ("Tatort" im Fernsehen, die Eifel-Krimis von Jacques Berndorf, diverse Städtekrimis in Buchform). Bei Licht besehen besteht aber gerade bei Berndorf der ganze "regionale Charme" darin, dass er regelmäßig Ortsnamen und Autobahnauf- und -abfahrten erwähnt.


    So oder so glaube ich, dass das ganz große Faszinosum USA nicht mehr existiert. Dazu haben sich die Dinge zwischen Europa und Amerika inzwischen zu sehr angeglichen, was die Lebensstandards angeht - und eine gewisse Desillusionierung spätestens seit George W. Bush, der Tea Party und anderem mehr mag auch hinzu kommen.


    Grundsätzlich kann man eine Geschichte überall spielen lassen; Locations gibt es in Hülle und Fülle. "Mord in Serie" spielt in Deutschland und funktioniert, ohne dass ich jetzt sagen würde, die einzelnen Folgen hätten sonderlich viel Lokalkolorit. "MindNapping" spielt überwiegend in den USA und funktioniert meiner Meinung nach besser, weil mehr darauf geachtet wird, das ganze Setting zu beschreiben. Aber auch die in Deutschland spielende MN-Folge funktioniert ja.


    Man könnte eine Geschichte im und um das Teufelsmoor bei Bremen ebenso spielen lassen wie im Hohen Venn, in Frankfurt ebenso wie in München, in den entvölkerten Landstrichen Mecklenburg-Vorpommerns ebenso wie im Saarland. Das ist letzten Endes eine Frage der Vorlieben der Macher. Persönlich finde ich es allerdings immer gut, wenn Storys dann auch ein Lokalkolorit haben. Es genügt mir nicht, wenn einfach mal die Frankfurter Zeil oder die Hohe Straße in Köln erwähnt wird. Gerade bei Hörspielen erwarte ich beispielsweise, das einzelne Figuren vielleicht auch mal einen (leichten) Dialekt haben.


    Vielleicht ist das also eine Antwort: In Deutschland spielende Geschichten sind oft zu liderlich umgesetzt, es wird zu viel vorausgesetzt. Es gibt genau so viele Milieus, Städte, Landstriche, Klischees und geheimnisvolle Orte wie anderswo auch. Nützt aber alles nichts, wenn man sich nicht auch die Mühe macht, Hörer oder Leser durch entsprechende Beschreibungen/Erzeugen einer entsprechenden Atmosphäre auch dorthin zu bringen.

  • Danke PedSchi , das fand ich schon mal hochinteressant zu lesen.

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  • Deutschland ist da traditionell anders, wobei ich nur spekulieren kann, warum das so ist. Möglicherweise hat es etwas mit der zentraleuropäischen Lage zu tun und damit, dass Deutschland von vielen anderen Ländern, Sprachen und Kulturen umgeben ist. Jedenfalls scheint es so etwas wie ein "deutsches Sehnen" nach fremden Welten zu geben. Das zeigt meiner Meinung nach schon Karl May.


    An Karl May musste ich bei dem Titel des Themas auch denken. Denn da zeigt sich auch sehr deutlich die Wirkung auf das Publikum. Karl May hat ja keineswegs nur Romane geschrieben, die in Amerika oder im Orient spielen. Es gibt auch Romane, die im Erzgebirge oder in Bayern spielen. Die grundlegenden Handlungselemente sind denen der Romane, die in weit entfernten Ländern spielen, sehr ähnlich. Dennoch sind die Geschichten um das Buschgespenst oder den Wurzelsepp weit weniger bekannt und haben entsprechend nur ein deutlich kleineres Publikum erreicht.

  • Ich habe Karl May auch deshalb als Beispiel angeführt, um das gern mal mitschwingende Argument zu entkräften, das beschriebene "deutsche Sehnen" nach fernen Welten könnte etwas mit einem "schlechten Gewissen" oder "Unerziehung" nach dem 2. Weltkrieg zu tun haben. "Der Deutsche" an sich war vielmehr "schon immer" so. Sachsen bildet historisch gesehen ja zum Beispiel viel eher eine geografische Einheit mit Böhmen, Mähren und Bayern als dass es Bezüge hätte zu Schleswig-Holstein. Und August von Polen, bekannt aus "Die drei ??? und der Fluch des Rubins" ist im übrigen identisch mit August dem Starken, König von Sachsen. Der war halt zwischenzeitlich auch mal König von Polen.


    Und da ich gerade "The Three Invesigators and the Mystery of the Kidnapped Whale" lese, habe ich noch einen Beleg. Darin kommen mit Oscar Slater und Co. Figuren vor, die einen ausgeprägten Südstaatenakzent haben. Von Bob heißt es aber explizit, er kenne diesen Dialekt nur aus dem Fernsehen. "The Three Investigators and the Trail of Terror" mit seiner Reise quer durch die USA ist ein weiteres Beispiel. Das ist Landeskunde für US-Kids. Dass es zugleich Sehnsüchte deutscher Kinder bedient(e), ist eine Nebenwirkung, aber keine Primärintention der Autoren.


    Man kann eine Geschichte grundsätzlich auch auf einer Hallig in der Norsdsee spielen lassen oder auf einer Alm im Allgäu, auf St. Pauli, in den alten Weltkriegsbunkern unter Dortmund, vor der Kulisse stiillgelegter Hochöfen in Bochum (siehe den "Tatort" vom letzten Sonntag), auf dem Brocken, in der Münchener Schickeria, an den Externsteinen, im Berliner Wedding oder im Kiez von Franfurt-Bonames. Es kommt halt "nur" darauf an, dass man die gewünchte Atmosphäre erzeugt. Das ist meiner Meinung nach die eigentliche Kunst.


    Persönlich sehe ich es nicht so, dass eine Geschichte weit weg spielen muss, damit ich abtauchen kann. Im Gegenteil: Wenn mir jemand eine authentische Leipzig-Geschichte erzählt, die hier um die Ecke in Connewitz spielt, dann kann gerade das meine Fantasie beflügeln, eben *weil* ich nur zwei mal lang hinschlagen muss, um es mir anzusehen, eben weil ich abgleichen kann, eben weil ich sagen kann: "Ha, ha - je, genau so ist es!" und weil ich gegebenenfalls genau solche Typen kenne, wie sie in der Geschichte vorkommen. Es hat ja auch seinen Reiz, einen Ort vermeintlich gut zu kennen und sich vorzustellen, dass er hinter den Kulissen eben ganz anders ist. So funktioniert ja im Grunde genommen das ganze Genre der Urban Fantasy: Es wird ein Setting beschrieben, das jeder kennt. Nur die Erklärungen für die Allerweltserscheinungen in diesem Setting sind phantastisch.


    Ich schreibe zum Beispiel momentan im wesentlichen an zwei Geschichten (wenn ich nicht gerade blogge). Einmal an einem Fantasy-Epos und einmal an einer realistischen Beziehungsgeschichte. Das Fantasy-Epos ist dabei viel anstrengender, weil es viel mehr Ausdenken erfordert. Wenn ich hingegen für die Beziehungsgeschichte eine Szene in einem Bahnhof beschreibe, muss ich mich ja "nur" erinnern und beschreiben, wie es in einem Bahnhof so zugeht. Es mag dann eine "Kunst" sein, diesen Alltagsszenen eine Relevanz zu geben oder eine gewisse Skurrilität zu verleihen, grundsätzlich empfinde ich das aber als wesentlich weniger anstrengend als mir eine ganze Welt komplett selbst auszudenken.


    Ich habe meine "realistische Beziehungsgeschichte" in der Gegend um Bremen angesiedelt, weil ich da mal gewohnt (und mich wohlgefühlt) habe. Ich kenne die Gegend, die Leute, die Landschaft, die Mentalität und kann das entsprechend gut beschreiben. Wenn jemand genau das auch mit bestimmten Landstrichen der USA (oder den schottischen Highlands oder der Hohen Tatra oder Ulan Bator) kann, soll mir das auch recht sein.

  • Also mir ist es völlig egal, ob etwas die Regel ist oder nicht, da ich mir sowieso nicht vorschreiben lasse, wo was zu spielen hat. Denn auch wenn irgendwas vielleicht am meisten im Ausland spielt, das macht eine Sache ja noch lange nicht qualitativ oder inhaltlich besser. Wenn bei Label X Serie Y wieder mal in Amiland spielt, dann interessiert mich das nicht, denn dann gehe ich hin und mache einfach auch eine Folge in Amiland, die aber besser ist. Warum auch nicht? Ich richte mich jedenfalls nicht nach anderen.


    Ja, das nenne ich mal ein gesundes Selbstverständnis…….. 8|


    Ich finde es schon in Ordnung, wie es durchschnittlich bei den Hörspielen so ist. Wenn ein Hörspiel in Deutschland oder Schweiz spielt, freue ich mich immer. Den Europa-Trip der ??? fand ich immer gut. Die Sinclair-Folge, die in Deutschland spielen ebenso.

  • Ja, das nenne ich mal ein gesundes Selbstverständnis…….. 8|


    Nö, einfach die Realität. Oder gehst Du mit dem Vorsatz "So, das mache jetzt erst mal ein paar Unzen schlechter!" ran?


    Zitat

    Ich finde es schon in Ordnung, wie es durchschnittlich bei den Hörspielen so ist. Wenn ein Hörspiel in Deutschland oder Schweiz spielt, freue ich mich immer. Den Europa-Trip der ??? fand ich immer gut. Die Sinclair-Folge, die in Deutschland spielen ebenso.


    Vor allem der Europa-Trip der Drei ??? sollte eigentlich ein warnendes Beispiel sein, wie man es nicht macht.

  • Mir ist es wurscht wo die Geschichte spielt, wenn der Autor es schafft den Handlungsfreiheit auch überzeugend als Teil der Geschichte einzusetzen. Das nur vorneweg. Was ich eigentlich sagen will: eine Geschichte in Deutschland spielen zu lassen macht sie Recherche vielleicht auch ein bisschen schwerer. Als deutscher Hörer einer Geschichte an einem deutschen Schauplatz erwartet man auch Authentizität. Sonst steigen die ewig nörgelnden Besserwisser einem aufs Dach. Nimmt man einen austauschbaren amerikanischen Vorort oder die allgemeine Metropole eben nicht um die Ecke, kann man eher schreiben was man will, kann ja eh keiner nachprüfen. Und mit den aus TV und Büchern "bekannten" Schauplätzen erfüllt man das gleiche wie mit stereotypen bei den Charakteren. Ist doch viel einfacher...behaupte ich mal so. :D

  • Ich denke nicht, dass das viel einfacher ist. Das große Faszinosum USA hat ja auch deshalb an Reiz verloren, weil das heute nicht mehr das ferne Land ist, in das zu reisen viel Zeit und Geld erfordert. Inzwischen waren viele Leute/Deutsche dort, damit ist das Land auch ein Stück weit "entzaubert". Und die nörgelnden Besserwisser wirst du immer haben. Da kannst du dann auch schreiben, dass sich einer in New York eine U-Bahn-Fahrkarte kauft und irgendeiner korrigiert dich, dass es in der New Yorker U-Bahn keine Fahrkarten gibt sondern Chips. ;)

  • Interessantes Thema, das sicherlich verschiedene Aspekte hat die es zu bedenken gilt. Die "Reise" in entfernte, fremde und exotischen Welten (Länder) birgt ja immer schon eine besondere Faszinitation. Ich denke einer Seite sollte das Genre betrachtet werden. Beim Grusel ist es z.B. relativ naheliegend, dass mysteriöse Geschehnisse in einer fremden Ortschaft eher akzeptiert werden als bei uns um die Ecke. Das gilt für das Spukhaus in England oder für die Zombieinvasion in Racoon City. Da sind unsere Seh-, Lese- und Hörgewohnheiten wahrscheinlich automatisch eher dem angelsächsischen Raum verbunden. Hier werden wir natürlich durch die Vorgaben der modernen Pop-Kultur geprägt.
    Interessant ist jetzt natürlich die Frage, warum deutsche Autoren diese Gewohnheiten und Klischees selber bedienen. Einige nachvollziehbare Gründe wurden ja bereits geäußert. Die Faszination des Fremdartigen, des Unbekannten. Georgianische Gegebenheiten usw. Eine Zombieinvasion in der Nachbarschaft ist gedanklich so weit weg wie die USA selber. Man kann sich oft dieses unrealistische Szenario nicht am Ku'damm oder auf der Reeperbahn vorstellen, ohne dass es sehr trashig wirkt. (Obwohl es gerade im Filmbereich schöne Gegenbeispiele gibt, siehe den deutschen Zombiefilm "Rammbock", der in Berlin spielt).
    Ich persönlich finde, es ist eine interessante Herausforderung sich regionalen Genre-Geschichten zu widmen. Zumal die deutsche Geschichte und Kultur voll von geheimnisvollen Fabeln und Sagen ist. Da gäbe es sicherlich reichlich Stoff, für die ein oder andere Grusel-Geschichte. Aber auch unabhängig davon könnten meiner Meinung nach mehr Hörspiele in Deutschland spielen. Eines der gruseligsten Hörspiele die ich kenne, Marco Göllners "Open the door - öffne die Tür", spielt ja quasi um die Ecke. Und der Grusel ist deshalb so intensiv, weil man sich mit der Angst und der Situtation der Hauptfigur gut identifizieren kann. War da jemand in meiner Wohnung? Ist da jemand hinter der Tür. Ängste die jeder kennt.
    Unabhängig von Genre ist die Idenfikationsmöglichkeit ein wichtiger Punkt. Nehmen wir die beiden erfolgreichen EUROPA-Serien "TKKG" und "Die drei ???". Für mich waren die Abenteuer der drei Detektive aus Rocky Beach immer ein Ausflug in weite Welten. Kalifornische Strände, Palmen, Rocky Mountains und die Westküste. Das war wie Urlaub. "TKKG" hingegen waren für mich Geschichten um die Ecke. Punks am Hauptbahnhof, Schläger in der U-Bahn oder fiese Klassenkameraden aus der Paralellklasse. Das kannte man damals alles und war nicht wirklich fremd. Ergo bestand hier eine größere Identifikationsmöglichkeit bzw. in der Akzeptanz der Grundproblematik.
    Beides hat seine Faszination: Das Fremde und das Vertraute. Beide bieten Möglichkeiten den Hörer/Leser auf unterschiedlicher Art und Weise zu faszinieren. Ich finde man sollte abhängig von der Geschichte, vielleicht auch vom Genre sich genau überlegen aus welchen Gründen wo eine Geschichte angesiedelt ist. Das ist besonders wichtig, da es auch schnell peinlich werden kann. So wirken beispielsweise viele Rollennamen in manch angloamerikanisch-angesiedelten Geschichte sehr klischeehaft und unrealistisch und scheinen irgendwelchen 80er Filmen entnommen zu sein.