Interview mit Marcus Görner

  • 1. Hallo Marcus, kannst Du dich bitte den Lesern vorstellen und ein wenig über dich erzählen. Wer bist Du, was machst Du, wie kam es, dass Du als Autor zur Psychothriller-Reihe „MindNapping“ gestoßen bist?


    Wer ich bin? Das frage ich mich manchmal auch, aber ernsthaft. Mein Name ist Marcus Görner und ich zähle seit diesem Jahr ganze 30 Lenze. Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und zwei Hunde. Normalerweise gehe ich einer Tätigkeit als Anwendungsentwickler nach, aber wenn ich zwischendurch Zeit habe, dann lasse ich gerne meine Gedanken spielen und schreibe Skripte für Hörspiele. Bei der Hörfabrik gibt es auch eine Serie aus meiner Feder, die auf den Namen „Hell-Patrol“ hört. Dort sind drei Folgen bisher erschienen und eigentlich sollte es auch schon weiter gegangen sein, aber aufgrund verschiedener privater Tragödien stehen die Maschinen der Hörfabrik derzeit leider still. Tja … und genauso bin ich auch letzten Endes zu „MindNapping“ gekommen. Patrick und ich kennen und seit bestimmt 10 Jahren und quatschen eigentlich jeden Tag via ICQ. „MindNapping“ war etwas worüber wir schon öfter mal gesprochen haben: Eben eine Reihe mit abgschlossenen Psychothrillern, die auch gerne in die Ecke Mindfuck gehen dürfen. Man könnte also sagen, dass ich in gewisser Weise Mitschuld an der ganzen Angelegenheit trage. Als es dann seitens Patrick akut wurde mit der Selbstständigkeit, war relativ schnell klar, dass ich auch den einen oder anderen Beitrag zu der Reihe leisten würde.


    2. Wie kam es zu den Ideen für „Auf gute Nachbarschaft“ und „Der Trip“?


    Ich glaube, „Der Trip“ war eine der Ideen die von Anfang an im Raum standen, als es um das Thema „MindNapping“ ging. Damals hatte die Reihe noch gar keinen Namen, aber Patrick und ich spielten uns gegenseitig Bälle zu, welche Geschichten man wohl erzählen könnte und am Ende alles in einem völlig anderen Licht dastehen zulassen. Das ganze entstand unter dem Motto „Grusel, der eben gar kein Grusel ist“. Eigentlich kann man in beiden Fällen sagen, dass zu Beginn die Auflösung der Geschichten stand, die ich hier ja aber leider nicht verraten kann. So startete jedenfalls auch „Auf gute Nachbarschaft“. Patrick meinte zu mir: „Ich hab da eine Idee. Ein Typ wird immer wieder von seinem Nachbarn bedroht und dann ...“ Naja … und von diesen Grundideen ausgehend entwickele ich dann den Rahmen der Handlung. Da kann es auch vorkommen, dass ich von Impressionen aus meinem Leben inspiriert werde. Eben der klassische „Was wäre, wenn ...“-Gedanke. So kam etwa auch die Idee mit dem Hund bei Folge 1 zustande. Ein Nachbar aus dem Erdgeschoss meinte, allen Ernstes, ich würde ständig vor seinem Fenster stehen und ihn beobachten. Naja … ich stand da eben, weil ich mit meinem Hund unterwegs war. Und jeder, der selbst einen Hund hat dürfte wissen, dass man sich da ziemlichen Unmut seiner Mitmenschen zuziehen kann. „Was wäre, wenn einer dieser Mitmenschen sauer auf einen urinierenden Hund wäre? Wie würde er ihn bestrafen?“ Aus so etwas resultieren dann Szenen.


    3. Wurdest Du in Produktionsprozesse involviert? Hast Du mitbesetzt? Oder warst Du generell bei diesen Entscheidungen außen vor und hast das Label machen lassen.


    Im Großen und Ganzen lasse ich Patrick da die freie Hand, da ich ihm vertraue und er ein Gespür dafür hat, wie der Sprecher für eine Rolle klingen sollte. Aber dennoch kommt es auch oft vor, dass Patrick mich nach meiner Meinung fragt. Ich habe grundsätzlich alle Skripte bisher gelesen und da kommt dann durchaus mal eine Frage wie: „Rolle xxx, meinst du eher Sprecher yyy oder zzz?“ Ob meine Meinung dann letzten Endes im Hörspiel zu hören ist, hängt natürlich noch von anderen Faktoren ab, wie eben dem lieben Geld oder auch der Verfügbarkeit der Sprecher. Ansonsten habe ich gerade bei den Folgen 1 und 2 die Rough-Mixes gehört und hier und da noch meiner Anmerkung dazu gemacht. Das waren dann Dinge wie „Die Pause zwischen Klingeln und Öffnen der Tür ist viel zu schnell, der Dialogschnitt in Szene xxx wirkt gehetzt, etc.“.


    4. Bist Du mit dem Ergebnis zufrieden oder hättest Du bei den beiden Hörspielen etwas anders gemacht?


    Hmm, das ist eine schwierige Frage. In einem Jahr kann ich dazu sicherlich eine bessere Antwort geben. Wenn gerade etwas neu erschienen ist, dann ist man schließlich normalerweise absolut zufrieden mit dem Resultat, sonst hätte man es ja nicht veröffentlicht. Aber in einem Jahr kann es eben sein, dass ich denke: Hmm, den Dialog hätte man besser aufbauen können, die Szene hätte vielleicht anders mit Sounds unterlegt werden sollen. Naja, der langen Rede kurzer Sinn: Momentan bin ich mit beiden Episoden sehr zufrieden.


    5. Wenn Du deine bisherigen Arbeiten vergleichen müsstest, wie würdest Du z.B. deine Serie Hell-Patrol im Vergleich zu MindNapping sehen? Oder kann man diese nicht miteinander vergleichen?


    Vergleichen kann man grundsätzlich alles, die Frage ist, welche Bereiche der Hörspiele man vergleichen will.
    Nehmen wir mal die Handlung: Man muss sich nur eben vor Augen führen, dass es zunächst einmal völlig verschiedene Genres sind: Hell-Patrol ist im Mystery-Bereich angesiedelt und von daher ist es für mich wesentlich leichter dort Ideen umzusetzen. Zwar muss auch eine solche Geschichte einer inneren Logik folgen, aber man kann, nennen wir es mal zaubern. Die Dinge müsse nicht rational erklärbar sei, während eine Episode „MindNapping“ in der wirklichen Welt spielen soll, die wir erleben. Insofern ist es sicherlich stellenweise anspruchsvoller eine Episode „MindNapping“ zu verfassen. Dem gegenüber steht aber der Umstand, dass „Hell-Patrol“ eine Serie ist und man dort auf eine gewisse Kontinuität achten muss. Die Charaktere müssen entsprechend ihrer bestehenden Zeichnung agieren, oder eben durch die Dinge die um sie herum geschehen wachsen / sich verändern.
    Würde man jetzt aber auf die reine Produktionsschiene schauen, so kann man die beiden Arbeiten gar nicht vergleichen. „MindNapping“ steht von vorne bis hinten unter dem Banner „professionelle Produktion“, während „Hell-Patrol“ irgendwo zwischen „professionellen Ambitionen“ und „Hobbyproduktion“ steht. Man kann aber denke ich sagen, dass bei beiden Produktionen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten versucht wird, das Optimum zu erreichen.


    6. Hast Du noch weitere Ideen für MindNapping oder widmest Du dich zunächst anderen Projekten?


    Ideen habe ich sicherlich noch einige. Ich habe es ja schon zuvor gesagt. Inspirationen können ganz alltägliche Situationen sein. Neulich bin ich spät abends noch mit den Hunden eine Runde gegangen und als ich aus der Haustür trat, quatschte plötzlich jemand aus der Gegensprechanlange. Da machte es auch KLICK und ich dachte: „Stell dir vor, jemand hört aus der Gegensprechanlage das Ende eines Streits und einen Mord. Was würde dann passieren? Würde man versuchen die entsprechende Wohnung zu finden? Und was wäre, wenn man in der Wohnung eine blutüberströmte Leiche finden würde und plötzlich stünde die Polizei in der Tür und hielte einen selbst für den Täter?“. Ideen sind also ohne Frage vorhanden, aber derzeit ist in Bezug auf „MindNapping“ nichts konkretes geplant, da ja erst einmal bis einschließlich Folge 11 mehr oder minder alles in trockenen Tüchern ist.


    7. Wird es mit Hell-Patrol weitergehen?


    Ein entschiedenes „Vielleicht“. Das klingt seltsam, aber etwas anderes kann ich derzeit leider nicht sagen. Das Skript für GIG 3, respektive Folge 4, „Unheil aus der Tiefe“ ist schon sehr lange fertig und es sind seit mehr als einem Jahr alle Aufnahmen im Kasten. Ich habe es bereits angesprochen: Derzeit stehen die Maschinen der Hörfabrik leider still und es tut mir auch für Horst wahnsinnig leid, was er alles mitmachen musste. Ich kenne ihn auch schon seit vielen Jahren und sicherlich auch wesentlich besser als viele anderen aus der Hörspielszene. Ich kann und will ihn da auch zu nichts drängen. Wenn es weitergeht, dann geht es eben weiter. Material ist jedenfalls vorhanden, denn auch GIG 4, respektive Folge 5, „Der Dolch des ewigen Mondes“ ist zumindest in meinem Kopf fertig und das Drehbuch ist seit langer Zeit zu mehr als 50% fertig. An weiteren Ideen mangelt es auch keineswegs. Ich habe sogar aus der Internet-Hörspiel-Szene einige Vorschläge für weitere Geschichten bekommen, von der mir eine so gut gefiel, dass ich es mir ernsthaft vorstellen könnte, daraus mal eine Folge zu machen. Ich weiß, dass das alles ziemlich blöd gelaufen ist, vor allem auch, da die letzte Folge mehr oder weniger mit einem Cliffhanger endete, aber leider kann ich keine besseren Meldungen hierzu verkünden. Vielleicht sollten alle, die es sich wünschen eine Mail an Horst schreiben mit dem Betreff „Ich möchte Hell-Patrol GIG 3 hören, bitte“. Es wird ihn sicherlich sehr freuen, wenn er merkt, dass noch Interesse an der Serie und der Hörfabrik besteht.


    8. Möchtest Du mal irgendwann Vollzeit als Autor arbeiten oder hast Du andere Ambitionen?


    Ich hatte früher den Traum mal professioneller Musiker zu werden, doch daraus ist nichts geworden, haha. Sagen wir mal so: Grundsätzlich abgeneigt wäre ich dieser Idee sicherlich nicht, aber ich habe eben auch Frau und Kinder und da ist mir ein geregeltes und sicheres Einkommen derzeit einfach wichtiger. Wenn sich an meiner jetzigen Situation aber etwas gravierend ändern würde (Nein, ich meine nicht, dass mich meine Frau verlässt und die Kinder mitnimmt), dann wäre das sicherlich einer der ersten Gedanken, die mir kommen würden.


    9. Gibt es einen Stoff oder eine Vorlage, die Du gerne von Audionarchie umgesetzt haben möchtest?


    Was mich persönlich reizen würde, wäre eine kleine in sich geschlossene Mystery-Serie mit maximal 6 Folgen. Ansonsten spukt mir seit Jahren die Idee einer Echtzeit-Serie im Kopf herum. Viel Handlung auf kleinem Raum. Etwa ein Schiff auf dem in 4 Stunden eine Bombe explodieren soll. Allerdings ist das unglaublich aufwändig. Man stelle sich nur mal vor, jemand läuft 5 Minuten um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Die Zeit muss man dann mit einer anderen Figur und deren Handlungsstrang verbringen. Dafür muss man aber erst einmal genug Charaktere zusammenbekommen, die auch 5 Minuten mit interessanter Handlung füllen können. Es würde wohl kaum jemanden interessieren, wenn dann die Tochter des Stewards und ihre Freundin im Netz surfen und sich neue Leggings kaufen.


    10. Noch ein paar abschließende Worte?


    Von meiner Seite ein großes Danke an alle, die die Produktionen an denen ich beteiligt war gekauft haben und mir somit eine Chance gegeben haben. Und natürlich an die, die mich unterstützt haben, ganz besonders an Horst Kurth, Erik Albrodt und Patrick Holtheuer.