Wilde & Holmes - Sonderermittler der Krone Folge 4: Tod der Königin

  • Bislang konnte Oscar Wilde im Auftrag von Mycroft Holmes die Pläne des Geheimbunds Der Zirkel der Sieben immer noch in letzter Minute vereiteln. Doch die Verschwörer zeigen sich davon jedoch keineswegs entmutigt. Ganz im Gegenteil: In Oscar Wilde & Mycroft Holmes – Sonderermittler der Krone Folge 4: Tod der Königin holen sie jetzt zu einem richtig großen Schlag aus, der Großbritannien in seinen Grundfesten erschüttern soll, denn gemeinsam mit dem durchtriebenen Wissenschaftler Doktor Grell, wollen sie das englische Königshaus vernichten und das Land ins Chaos stürzen. Seit dem 15. Juli 2016 ist das Hörspiel mit einer Laufzeit von ca. 76 Minuten im Handel.


    Den ersten drei Folgen dieser Serie aus dem Hause Maritim gelang eins ums andere Mal, mich richtig gut zu unterhalten. Die Geschichten waren spannend, temporeich inszeniert, besaßen Witz, und punkteten sowohl mit einem gut aufgelegten Cast als auch mit einer atmosphärischen Soundkulisse. Was die Besetzung und den Klangraum angeht, so gibt auch Folge 4 keinerlei Anlass zur Klage – der Plot von Jonas Maas hingegen offenbart rückblickend einige Schwächen. So lässt Maas den irrtümlich für tot erklärten Afrikaforscher William Arkhurst (Dietmar Wunder) einem Vertreter der britischen Krone in Kairo ausführlich von seiner strapaziösen Reise durch den „schwarzen Kontinent“ berichten. Die Entdeckung, die Arkhurst gemacht hat, rechtfertigt es durchaus, ihn dafür in den Ritterstand zu erheben, doch die begleitenden Umstände, auf die sich der Forscher bei seiner Schilderung hauptsächlich konzentriert, sind für den Rest des Hörspiels komplett irrelevant. In der folgenden Szene gibt Mycroft Holmes Oscar Wilde dann noch einmal eine Kurzfassung dessen, was der zukünftige Sir William gerade erst ausführlich erläutert hat, um den Sonderermittler ins Bild zu setzen. Auf diese Weise verstreicht viel Zeit, ohne dass für die Handlung und den Hörer wirklich Zählbares dabei herumkommt. Das ist sehr schade, denn der Eröffnungsdialog zwischen Doktor Grell und einem Vertreter des Zirkels ist klasse und etabliert Grell sogleich als einen durch seine Gewissenlosigkeit sehr gefährlichen Wissenschaftler. Ihn durch K. Dieter Klebsch verkörpern zu lassen, war die genau richtige Entscheidung. die von Grell geschaffenen Attentäter sind – das müssen Wilde und Holmes schnell feststellen – nur mit extremen Maßnahmen zu stoppen, was sie zu einer echten Herausforderung macht. Da passt es ins Bild, dass der Sonderermittler wider Willen nicht immer die Oberhand behalten kann. Betrachtet man sich im Detail, wie der Zirkel die Queen umbringen möchte, dann ließe zwar sich einwenden, dass es dafür solcher Super-Killer eigentlich gar nicht bedurft hätte, doch es spricht auch nichts dagegen, es zu tun. Auf solch einen prominenten Spatz kann man auch mit übergroßen Kanonen schießen. Neben dem schon aus dem Titel offenkundigen Missionsziel verfolgen der Zirkel und Grell in diesem Hörspiel noch ein weiteres – und wie der Epilog andeutet, ist der Mad Scientist mit seinem Latein noch lange nicht am Ende, sondern hat sich gerade erst warmgelaufen. Es steht daher zu erwarten, dass wir in kommenden Folgen erneut von ihm hören werden. Eine Wiederkehr erlebt bereits in Folge 4 Wildes Verkleidungstalent. Ihn erneut in Frauenkleidern auftreten zu lassen, ist zwar ein netter Verweis auf Folge 1 und gibt Anlass zu einigen verbalen Scharmützeln zwischen dem Schriftsteller und Mycroft Holmes, wirkt aber irgendwie aufgesetzt, denn eine weniger aufwendige Maskerade hätte es auch getan. Weitgehend überflüssig sind auch die diversen Orts- und Zeitangaben, die man im Larry-Brent-Stil den Szenen vorangestellt hat. Im Zusammenhang mit dem Prolog sowie dem Epilog ergeben sie durchaus noch Sinn, ansonsten wirken sie repetitiv und enervieren mit der Zeit, da man als Hörer absolut keine Probleme hätte, der Handlung auch ohne diese Einleitungen zu folgen. Drei Folgen lang ist die Serie erfolgreich ohne dieses Element ausgekommen; weshalb man plötzlich glaubt, nun darauf zurückgreifen zu müssen, erschließt sich nicht.


    Warum auf jene Sprecherinnen und Sprecher gesetzt wurde, die in dieser Produktion zu hören sind, ist hingegen sonnenklar: Es wurde für alle Sprechrollen (selbst für die kleinen) zusammengeholt, was in der Hörspiellandschaft Rang und Namen hat. Sascha Rotermund (Oscar Wilde) und Reent Reins (Mycroft Holmes) agieren wie gehabt wunderbar miteinander und auch im Zusammenspiel mit Leonhard Mahlich als Dr. Peyton. Neben Dietmar Wunder und K. Dieter Klebsch kann man Luise Lunow als eine sehr würdevolle Königin Victoria erleben, Tobias Lelle als Andrew Webbercott und erstmals bekommt der Zirkel zwar kein Gesicht und keinen Namen, jedoch eine Stimme – nämlich die von Rüdiger Schulzki. Michael Pan, Martin Sabel, Marius Clarén, Jürgen Thormann u.a. vervollständigen eine Besetzungsliste, die nicht nur überaus namhaft ist, sondern für absolute Qualität in puncto Sprecherleistung bürgt. Die Klangkulisse inklusive Soundtrack transportiert die Hörerschaft ohne Umwege ins viktorianische Zeitalter und bereitet eine ansprechende, von viel Atmosphäre geprägte Bühne für das Geschehen, dem man, nachdem es eine gewisse anfängliche Trägheit überwunden hat, gerne aufmerksam lauscht.


    Auf insgesamt acht Folgen hat Maritim den Auftaktzyklus von Wilde & Holmes ausgelegt. Folgerichtig läutet das aktuelle Hörspiel das Ende der ersten Halbzeit ein. Bislang konnten die Sonderermittler stets auf die Bedrohung durch den Zirkel der Sieben lediglich reagieren, doch es wird Zeit dass dies ändert und die Protagonisten aktiv gegen die Verschwörer vorgehen. Das Schema Der Zirkel plant – Wilde verhindert hat die Staffel zwar gut durch ihre erste Hälfte getragen, aber nun kennt man es zur Genüge und wünscht sich, Wilde & Holmes würden endlich dazu übergehen, den Spieß umzudrehen und den Zirkel aufs Korn nehmen, anstatt darauf zu warten, was er sich an Niederträchtigem nun wieder ausgedacht hat. Bis jetzt ist der staffelübergreifende Handlungsstrang nicht so stark ausgeprägt, wie er sein könnte, aber noch ist genug Zeit, in dieser Hinsicht aufzuholen. Hoffen wir mal, die Serie ergreift diese Chance auch. Die kommenden vier Folgen werden es zeigen.

    Oscar Wilde & Mycroft Holmes – Sonderermittler der Krone Folge 4: Tod der Königin
    erreicht von der Story her nicht ganz das hohe Niveau seiner Vorgänger. Aber weil sie sich, was die sprechschauspielerischen Leistungen, Schnitt, Abmischung, Score und Sounds angeht, absolut keine Blöße gibt, bleibt auch diese Folge ein überdurchschnittlich gutes Hörspiel mit ordentlich Unterhaltungswert, das neugierig macht auf das, was in der zweiten Hälfte der Staffel noch alles kommen wird. Wem die ersten drei Folgen gefallen haben, sollte auch die neue hören.