Ulrich Bassenge - Walk of Fame (Der Hörverlag)

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    Radiohörspielen wird ja pauschal gerne mal nachgesagt, dass sie verstaubt und trocken klingen würden. Dieses Hörspiel beweist, dass dem nicht so ist.


    Hollywood in den 70er Jahren. Ein neuer B-Streifen mit viel Sex und Gewalt wird gedreht. Und wir als Hörer sind mittendrin und hautnah dabei.
    In übliche Kategorien kann man dieses Hörspiel nicht einordnen. Einen gewissen Hang zu einer "leicht" durchgedrehten Handlung sollte man auf jeden Fall mitbringen. Im Vordergrund des ganzen steht aber der Spaß und da die meisten der Szenen wirklich großartigst überzeichnet sind und vor absurden Einfällen nur so strotzen, ist dieser Vollauf gegeben.
    Inhaltlich hangelt man sich von der Gangbang-Nummer über diverse Action- und Splatterszenen zur nächsten Lesben-Nummer. Ein Drehbuch gibt es für diesen Film nicht und dieses gewisse, erstaunlicherweise aber doch immer recht wohlsortierte Chaos transportiert das Hörspiel exzellent. Es geht richtig bunt zur Sache. Dafür sorgen einige eher ungewohnte Kniffe wie die sonst eher für Filme typischen Audiokommentare aus dem Off oder aber die recht schnellen Schnitte zwischen und in den einzelnen Szenen.
    Obgleich sich der Begriff angesichts des Themas irgendwie schon fast anbieten würde, als "seichte Kost" kann man das Hörspiel nicht bezeichnen. Man muss sich auf jeden Fall schon ein wenig auf das einlassen können, was hier so geboten wird, dann wird man aber mit Sicherheit seinen Spaß haben.


    Die Inszenierung ist das Gegenteil von blass. Leere oder Pausen gibts hier nicht - eher passiert es da schon mal, dass sich gewisse Sachen überlagern. Während im Hintergrund noch das eigentliche Geschehen fortgeführt wird, streut man im Vordergrund bereits ganz andere Dinge ein. Das alles wird zudem recht schön mit Musik unterlegt, so dass diese ständig präsent, aber doch eher unauffällig als aufdringlich wirkt. So ist dieses Hörspiel einfach extrem dicht gepackt - für manch einen möglicherweise schon wieder eine Spur zu viel des Guten - doch passt es zum inhaltlich behandelten Stoff hervorragend.


    Die Sprecher sind großartig ausgewählt. Die Rollen an sich sind bereits mit viel Potential gespickt, aber erst durch die Besetzung schöpft man dieses voll aus. Tanja Schleiff passt stimmlich wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Scheckig lachen kann man sich aber mit Edda Fischer als Mary - einfach großartig. Engelbert von Nordhausen verkörpert die Type Produzent, wie man sie sich für ein solches Projekt vorstellt und dem steht auch Thomas Piper als Filmproduzent in nichts nach.


    Fazit: Eine Mischung aus Hommage und Persiflage auf die B-Movie-Autokino-Szene der 70er Jahre. Durchgeknallter Hörspaß mit viel nackter Haut, Gedärmen und Blut. Schräg, witzig, aber gewöhnungsbedürftig.

  • Eigentlich will Pussy Stanton (Tanja Schleiff) ein grosser Hollywoodstar werden, doch auch die haben mal klein angefangen und sich durch sogenannte B-Movies geschlagen. Doch was Pussy bei den Dreharbeiten ihres ersten Films erlebt, kann man kaum in Worte fassen. Tote, Untote, Sex, Drugs and Torture! Hier treiben sich Zombies im Dschungel herum und im Foltercamp für Frauen geht es heiss her. Wird das Pussys erster und auch letzter Film bleiben?


    - Meinung -


    Der Hörspiel gewordenen Wahnsinn Hollywoods und eine schräge Hommage an die Sexploitation-, Kannibalen- und sonstigen Trashfilme der 70er, die nicht nur an den Darstellerinnen Spuren hinterliessen. Aufgebaut ist dieses Hörspiel zum einen wie ein Making of und zum anderen auch gleichzeitig wie die DVD zum Film, die man mit Audiokommentaren von Trash-Kennern Jörg Buttgereit und Thilo Gosejohann versehen hat, die ihre Kenntnisse über derartige Filme gekonnt mit einem ironischen Unterton einbringen. Insgesamt wird hier auch kein Hehl daraus gemacht, dass alles mit einem Augenzwinkern genossen werden muss und schräger Humor gross geschrieben wird. Nichts ist, wie es scheint, denn zur Not kann ja auch alles schnell umgeschrieben werden, wenn es die Situation erfordert. Ob Bassenge das hier auch getan hat, darf bezweifelt werden, denn sein Werk macht eher einen gut recherchierten Eindruck und die Hommage gelingt, ohne dass die 70er zu sehr aufs Korn genommen werden, einfach eine gelungene Gratwanderung. Extrem kurzweilig und unterhaltsam, eine tolle Mischung!


    Ein Blick in die Sprecherliste und man erkennt schon, dass auch in der Hinsicht "Hollywood für die Ohren" geboten wird. Engelbert von Nordhausen ist Regisseur Teddy Romero, der sich für einen verkannten Künstler hält, Thomas Piper ist Harvey W. Blitz, der ebenfalls an der Realität vorbei denkt und meint, ein Hollywood-Mogul sein zu müssen, Norman Matt ist John Miller, der noch einigermaßn die Fäden zusammenhält und Andreas Pietschmann darf als Drehbuchautor Paul Sherman stets ein flexibles Drehbuch parat hält, zur Not wird während der Dreharbeiten nochmal kräftig daran gefeilt und geschraubt. Die Rollen werden allesamt hervorragend gespielt und das gilt auch für die Damen im Bunde, die entweder mit ihren zuckersüssen, quietschigen Stimmchen die "Bimbos Hollywoods" wunderbar zum Leben erwecken und Edda Fischer lässt als Nazibraut die Peitsche knallen. Herrlich überzeichnet und überdreht, Overacting gibt es hier nicht bzw. es muss alles vollkommen überzogen dargeboten werden, denn immerhin ist das hier Hollywood. Rainer Schmitt agiert hier als Erzähler und das macht er bestens, die Rolle der Off-Stimme liegt ihm einfach und in dieser Funktion ist er einer der besten Sprecher Deutschlands. Dazu noch weitere Sprecher und Sprecherinnen in interessanten Nebenrollen wie z.B. "300 Zombies" oder "5 Filipinas", diese Produktion ist halt immer wieder für ein paar Überraschungen gut. Leonhard Koppelmann behält als Regisseur hier trotz des ganzen Chaos die Fäden gekonnt in der Hand und beweist mal wieder, dass er ein vielseitiger Mann ist und er vor keineM Genre halt macht. Dazu noch die Kommentare von Buttgereit und Gosejohann und fertig ist ein starker sprechertechnischer Bereich.


    Die Musik kommt vom Autor Ulrich Bassenge persönlich und die sitzt immer. Mal untermalt sie die Situationen ernsthaft und stimmungsvoll, die jeweilige Szene wirkt dadurch realer, doch dann haut Bassenge ein paar schräge Klänge raus, die die Albernheiten und Skurrilitäten noch weiter verstärken und den humorigen Unterton dieses Hörspiel nochmal kräftig unterstreicht.


    Was für ein Hörspiel! Hier darf man als Hörer ruhig mal ungeniert über Auspeitschungen, Zombies und Foltercamps lachen, alberner kann es nämlich kaum noch zugehen. Bassenges unterhaltsame Story wird gekonnt von ihm selbst und Koppelmann inszeniert und ich bin mir sicher, dass "Walk of Fame" eines Tages ein Klassiker sein wird und in jede gute Sammlung gehört!


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  • Wer immer das in die Welt gesetzt hat:


    Zitat

    Original von DRY Radiohörspielen wird ja pauschal gerne mal nachgesagt, dass sie verstaubt und trocken klingen würden.


    hört wahrscheinlich keine Hörspiele, die von den öffentlich-rechtlichen Anstalten ausgestrahlt werden.

  • Zitat

    Original von DRY


    Ist halt eines der Vorurteile, denen man durchaus immer mal wieder begegnet.


    Deshalb müssen diese Vorurteile ja nicht unentwegt reproduziert werden.

  • Zitat

    Original von DRY


    Ist halt eines der Vorurteile, denen man durchaus immer mal wieder begegnet.


    @Matze: Das ist leider wirklich so, solche Vorurteile gibt es, aber das weisst du sicherlich auch selbst. :(


    DRY reproduziert sie nicht, er widerlegt es ja und das kann man nicht oft genug machen, wie ich finde.

  • Zitat

    Original von Captain Blitz


    @Matze: Das ist leider wirklich so, solche Vorurteile gibt es, aber das weisst du sicherlich auch selbst. :(


    DRY reproduziert sie nicht, er widerlegt es ja und das kann man nicht oft genug machen, wie ich finde.


    Stümmt. Leider entwertet - meiner Meinung nach - eine solche Einleitung einen an sich stimmigen Beitrag.

  • Sehr gutes Hörspiel. Einen Filmdreh als Hörspiel zu machen, finde ich wirklich mal anderes und das ist auch gut gelungen. Viel Humor und genügend schräge Szenen, dazu die Audiokommentare. Sowas habe ich bisher noch nicht als Hörspiel gehört, aber es hat mir gut gefallen.
    Was ich aber dazu sagen muß, daß das kein Hörspiel für Zwischendurch ist. Wegen der dichten Handlung muß man schon gut hinhören, daß einem nichts durch die Lappen geht.

  • "Walk of Fame" ist ein Hörstück, dass einfach Laune macht und sich herrlich mit dem Thema B- (oder eher C-) Movies auseinandersetzt. Sehr überzogen werden hier die Dreharbeiten eines Grottenfilms begleitet.


    Hier sorgt man mit einer zwar überzogenen - aber nicht abstrusen Darstellung - über die Produktion eines solchen Trashfilms schon für sehr ordentliche Unterhaltung.
    Die Krone wird dem ganzen aber durch die Audiokommentare von Jörg Buttgereit und Thilo Gosejohann (ja, es ist der Bruder) aufgesetzt. Diese Idee ist hier noch mal Gold wert!


    Auch die Sprecher agieren unter der Regie von Leonard Koppelmann genauso grandios, wie es die Besetzung vermuten lässt. Egal ob Engelbert von Nordhausen als gnadenloser Regisseur oder Tanja Schleiff als navie Darstellerin. Alles passt, alles sitzt - alles macht Spaß.


    Zum Glück muss dieses geniale Radiostück nicht in den Archive verschmoren, sondern wurde vom hörverlag in die Verkaufsregale gebracht. Und dort darf man gerne zugreifen, auch - vielleicht auch gerade wenn - einem das Thema eigentlich nicht zusagt.


    Denn in dieser Form machen auch die übelsten Klischees richtig Spaß.



    "Walk of Fame" gewann den ARD-online-Award 2007



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