Das Wort zum Mittwoch: Dr. Schnarch, Mr. Talentfrei und komische PR

  • Hallo zusammen.


    Vorweg:
    Einige Formulierungen der folgenden Kolumne sind bewußt überspitzt gewählt.
    Ich möchte niemanden persönlich "angreifen", auch wenn aus den Situationen heraus vermutlich klar wird, wenn ich meine. Ich halte die erwähnten Punkte jedoch für diskussionswürdig, oder sogar -nötig, da genau an diesen beiden Punkten momentan Diskussionen entstehen, die durchaus heftig abgehen...






    Da stecken wir mal wieder im schönsten "Dilemma".
    3/4 des Hörspieljahres 2006 sind fast rum und bislang gab es meinem Empfinden nach so viele verdammt gute Produktionen wie in kaum einem Jahr zuvor - und die kamen, was mich doch irgendwie freut, nicht nur von den "Großen".
    Doch neben all den extrem positiven Dingen driften einige Punkte ganz ordentlich in seltsame Regionen ab und nein, damit meine ich jetzt nicht das Forum hier - das ist eh schon die "Twilight Zone" :lolz:
    Die zwei Punkte, auf die ich mich im Folgenden "stürze", lauten:
    Schnarchproductions powered by Erzääääääääääähler-ler-ler
    und
    seltsame PR - nicht nur powered by Europa :)


    Punkt 1
    Manche sagen, es gibt Hörspiele.
    Manche sagen, es gibt Hörbücher.
    Manche aber glauben, mehr Hörbuch-Anstrich veredle ein Hörspiel.


    Zunächst einmal vorweg: Ich weiß, daß HörBÜCHER im Handel, sagen wir es mal so: "sozial wertvoller" angesehen werden; der Hauch des "superb Etablissements" umweht diese Art der Unterhaltung, wohingegen Hörspiele "ja nur so Kinderkacke" sind (zumindest spukt dies wohl im Kopf vieler Szene-ferner Personen rum) - um es überspitzt zu sagen. Nun mag sich manch findiger Marketing- oder Produktionsmensch denken: Gut, dann packen wir halt mehr Hörbuch ins Hörspiel um die Brücke zum "Uebermedium" zu schlagen. Manch einer tut dies unter dem Vorwand, sich möglichst einer nie gekannten Originaltreue zu verschreiben, andere künden feierlich an, eine neue Serie habe noch mehr Erzähleranteil als ein bisheriges Referenzprodukt - und wieder andere nutzen den Erzählerpart für ellenlange Auswalzungen um möglichst wenig Inhalt auf möglichst viel Spielzeit zu strecken.
    Nun mag der Eindruck entstehen, ich könne mit viel Erzählertext nichts anfangen. Falsch. Wenn er nötig ist, gern - dies haben Frank Schätzing und Loy Vesselburg beim "Schwarm" beispielsweise hervorragend umgesetzt. Ich habe indes etwas gegen zwei "Todsünder" des Erzählertextes: Dr. Schnarch und Mr. Talentfrei - und _richtig_ grandios wird es, wenn beide im Duett auftreten.


    Dr. Schnarch, nun, der erzählt einfach und erzählt und erzählt und walzt aus und erzählt wie jeder einzelne Grashalm nachwächst und erzählt... - und letztlich könnte man eine 3-Minuten Szene auf 3 Sätze kürzen. Brächte einem Hörspiel sicherlich etwas Schwung, den es, selbst wenn es eher gemächlich und auf Atmosphäre ausgelegt sein _soll_, gut gebrauchen könnte. Dies bewiesen Leute wie Volker Sassenberg, Simon Bertling mit STIL, und für meinen Geschmack auch Thomas Birker mit "Lebendig begraben". Oder eben erwähntes Gespann Schätzing/Vesselburg.


    Dr. Schnarchs dunkler Bruder, Mr. Talentfrei, ist dann ähnlich ansprechend - nur passt das "Ansprechen" eben nicht zum Vorgetragenen. Dies muss nicht zwingend auf einer unpassenden Stimme fussen, es reicht schon, wenn die Betonung derart situationsfern ist, daß im schlimmsten Fall weder Atmosphäre noch Spannung vermittelt werden - zwei Punkte, deren Gelingen imho zwingende Aufgabe eines Erzählers sind.
    Da dieses momentan bei zwei Serien praktiziert wird, welche ob lizenzierter "dicker" Namen gewiss regen Zulauf finden, und passend dazu bereits eine neue Serie mit "mehr Erzählertexten" angekündigt wurde, bleibt mir persönlich nur die Hoffnung, daß dies nicht zum allgemein gängigen Trend wird, frei nach dem Rinderschokolade-Motto: +Erzähler, -Spannung.
    Wenn schon "+Erzähler", dann bitte so, daß das, was eure Hörproduktionen vermitteln wollen, auch rüberkommt und nicht wie Kaufhausberieselung daherkommt, wobei man schon unbewußt nach dem 3er Pack Hörbücher für nur 2,50€ in der Tiefkühltheke sucht...
    Und bei der Bearbeitung vielleicht auch mal die Bedeutung des Wortes HörSPIEL im Hinterkopf behalten: Es ist nämlich KEIN Hörbuch und soll Atmosphäre und Spannung auch durch Geräuscheffekte, Musik und dem Spiel der Sprecher vermitteln - nicht nur durch den Erzählertext...




    Nun zum zweiten "Watschen":


    Punkt 2: Das Thema "PR-Arbeit".
    Ich kann es durchaus verstehen und weiß dies aus eigener Erfahrung: Wenn man etwas macht, an dem man die Öffentlichkeit teilhaben lassen möchte, dann macht man Werbung. Wenn man von etwas _richtig_ überzeugt ist, kann man auch mal _richtig_ "auf die Kacke" hauen, siehe die Einführung von "Gabriel Burns". Ich weiß noch, daß ich mich -ähnlich wie genau jetzt- ziemlich über diese, mir damals extrem überzogen scheinende, Ankündigung zur neuen Serie aufregen konnte. Dann kam Burns - und einhergehend das "Aha"-Erlebnis, daß die Ankündigung keineswegs "extrem überzogen" war, sondern schlicht und einfach den Tatsachen entsprach. Nun sind allerdings auch im Falle Burns einige Meldungen rausgekommen, die viel versprochen, gleichsam jedoch wenig oder gar nichts gehalten haben, so daß die Erwartungshaltung bei mir zunächst extrem sank. Dann kam der nächste "Gag": Autor Gloge ließ in seinem Blog und, wenn ich nicht falsch liege, in quota experiment-stille.de eine Ankündigung raus, die mittlerweile auf "ominöse" Art und Weise wieder in den Tiefen von dev0 verschwunden ist, dennoch eine Erwartungshaltung hervorrief, welche die beiden kommenden, von offizieller Seite auf experiment-stille schon als Showdown des ersten Zyklus angekündigten Folgen schon als quasi-"Hörspiele des Jahres" verdonnerte. "Spaßigerweise" rudert man nun jedoch schon wieder zurück und es werde "ansatzweise" Aufklärung geben. Daß dies natürlich nicht nur ein Fass Öl ins Feuer der Kritiker ist, sondern daß man hier gerade eine gesamte Pipeline in Brand steckte, ist leider nicht mehr wegzureden. Ich selbst bin zwar nach wie vor absoluter Fan der Serie (auch wenn manch einer es vllt. nicht glauben möchte - was mir allerdings quer woran vorbei geht), aber nach mittlerweile 6 mehr oder weniger "Füllfolgen" und dauernden "Jetzt geht's loooos"-Ankündigungen im Stile von -Achtung: Überspitzt!- "Jesus' Wiedergeburt - jetzt auf CD" und gerade nach dem Hickhack mit dem "Schatten der Spinne" _muss_ man jetzt nachlegen. _Richtig_ nachlegen. Sonst brennt der Helm... vor allem wohl bei denen, die schon so um Folge 6-7 rum ob der Langwierigkeit und der ewigen Rätselaufbauerei-und-nicht-Lösung-Rausrückerei gesagt haben: Das wird nichts. Es gibt halt nicht nur "Der Trip ist das Ziel"-Fans, ebensowenig aber natürlich auch nicht nur megaharte Kritiker. Dennoch ist auch bei "Otto Normalhörer" querweb langsam eine nicht mehr zu verleugnende Scheideweg-Haltung zu sehen. Bitte, Decision, bringt die Serie wieder zurück auf Kurs - Burns ist nicht umsonst eine der besten Serien überhaupt und war es eigentlich auch nicht nur der technisch wegweisenden Aspekte wegen. Zeigt "uns" im November einfach wo der Hammer hängt - dann bin ich der erste, der mit Freuden seine -zugegeben ziemlich pessimistische- Erwarungshaltung über Board wirft und liebend gerne wieder ein "sehr gut" unter die Rezensionen zimmert.


    Und damit zurück ins Studio... :)

  • d'accord in allen ausführungen, bis auf "dev0". *klugscheissermodus an* dat heisst /dev/null und ist ein standard device bei unix systemen! :lolz: *klugscheissermodus aus*

    +++ Na und, ist's denn schade um diesen Strohalm du Hampelmann? +++

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