Exposition im Hörspiel -- möglichst schnell oder ganz natürlich?

  • Angeregt durch diesen Post ...

    Das Bücher-Magazin hat sich MORD IN SERIE 12: GIER angehört.


    Rezension Bücher-Magazin zu MORD IN SERIE 12: GIER


    Fazit: "Ein Thriller-Meisterwerk und mein absoluter Favorit. Davon wollen wir mehr!"


    ... bin ich zur Seite des Büchermagazins gesurft und habe mir die Hörprobe angehört, die (so nehme ich an) der erste Track des Hörspiels ist. Dabei fiel mir etwas (wieder mal) auf.


    Jede Story hat ja zunächst mal das "Problem", die Hörer in die Geschichte einzuführen und -- wenn ein Erzähler fehlt -- dies im Dialog und den Geräuschen zu verpacken. Will man die Hörer schnell auf den Punkt setzen, dann geht das oft auf Kosten der Natürlichkeit im Dialog. Hier in diesem Fall unterhalten sich die zwei Freundinnen in der Kantine über Dinge, die sie beide wissen und eigentlich nicht nochmal erzählen müssten -- stört Euch das, oder nehmt Ihr es gerne in Kauf, damit die Story schnell "zieht"?

    They call me the Fader. Which is what I'm about to do.

    Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, d.h. man darf sie kostenlos nutzen.
    Allerdings ist sie nicht Open Source, d.h. man darf sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Wir haben halt nicht das Geld des Radios, um eine Extra-CD vorne weg zu bringen, in der erst mal alle Personen ausführlich mit allen Befindlichkeiten vorgestellt werden. ;)


    Außerdem war es für mich nicht das Bücher-Magazin, sondern eher rezinator.de, das nur am Rande.

  • Also zum einen ist das nicht der erste Track, es müsste der zweite oder dritte sein.
    Zum anderen höre ich nichts im Dialog, was die jeweils andere schon wissen müsste. Die Arbeitssituation der einen teilt diese erst nach der "Muss dich dringend treffen" -SMS mit, die Meinung der anderen über die Arbeit der einen wird von der einen beschwichtigt.
    Kennen deine Freunde alle kleinen Details deines Jobs, sodass nie mehr darüber gesprochen wird?


    Im übrigen war es eine 5-Sterne-Rezi, die vom Magazin nachträglich runtergestuft wurde. Hätte ich vielleicht doch besser eine Anzeige geschaltet?

  • @FreddyK: Ich wollte Dir nicht an den Karren fahren, und ich woillte jetzt auch keine "ist doch so" -- "ist nicht so"-Diskussion lostreten (die Details kann ich Dir auch gerne per PM schreiben), sondern über diese Frage diskutieren:


    Zitat

    Jede Story hat ja zunächst mal das "Problem", die Hörer in die Geschichte einzuführen und -- wenn ein Erzähler fehlt -- dies im Dialog und den Geräuschen zu verpacken. Will man die Hörer schnell auf den Punkt setzen, dann geht das oft auf Kosten der Natürlichkeit im Dialog. [munch] Stört Euch das, oder nehmt Ihr es gerne in Kauf, damit die Story schnell "zieht"?


    PS: Auch das Büchermagazin dürfte mitbekommen haben, dass sich unter den Online-Rezensenten Fanboys tummeln, die alles supertoll bewerten. Das scheint sie aber nicht zu stören, denn richtige Verrisse lese ich da kaum. Vielleicht stufen sie deswegen nachträglich durch die Bank ab?

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  • @FreddyK: Ich wollte Dir nicht an den Karren fahren, und ich woillte jetzt auch keine "ist doch so" -- "ist nicht so"-Diskussion lostreten (die Details kann ich Dir auch gerne per PM schreiben), sondern über diese Frage diskutieren:



    PS: Auch das Büchermagazin dürfte mitbekommen haben, dass sich unter den Online-Rezensenten Fanboys tummeln, die alles supertoll bewerten. Das scheint sie aber nicht zu stören, denn richtige Verrisse lese ich da kaum. Vielleicht stufen sie deswegen nachträglich durch die Bank ab?


    Man muss denen nichts bezahlen und kriegt so das Magazin voll, darum geht es.

  • Nachtrag: weil du ja das Sounddesign für eine Exposition ansprichst...hier hört man im Hintergrund beim Eintreten und danach das Glockengeläut von der Frauenkirche in München und Atmo vom Platz dort. Und es ist im Übrigen ein Café, keine Kantine. Ist ja dafür wichtig, dass die beiden keine Arbeitskollegen sind, die jeden Tag nur über den gerade erlebten Vormittag plaudern. Ist doch schöner, als wenn ein Erzähler die Stadt, Wetterstimmung, Passanten, Kleidung usw. erst lang und breit beschreibt. In der eigenen Phantasie sieht eh alles viel realistischer aus.


    Dazu kommt noch, dass bei Reihen bei jeder Folge neu gemischt wird und neue Figuren auftreten. Wenn dann jedesmal 10 Minuten draufgehen für eine Exposition, die es überhaupt nicht bedarf, wäre das schade.


    Im übrigen finde ich lange Expositionen eben genau das...langweilig. Bei Fantasywelten sicher was anderes, aber bei einem neuzeitlichen Thriller unnötig. Es ist viel spannender, wenn man die Figuren "on the go" kennenlernt und direkt von einer Geschiche gepackt wird. Und allein schon am Klang der Stimmen die Charaktereigenschaften heraushören oder erahnen kann. Was ist es da von Bedeutung, ob eine Figur blond oder brünett ist (außer es ginge um einen auf Blond fixierten Mörder z.B.), ob lange Nase oder kurzes Kinn. Ob sie ihren Beruf jahrelang gelernt hat oder neu im Job ist, wenn das für eine Story unwichtig ist?


    Wenn es nach mir ginge, könnte man z.B. bei Superheldenfilmen die ersten 60-70 Minuten auf 5 zusammenfassen. Kennt man eine, kennt man alle. Ich verstehe, dass die aus Kostengründen sein müssen, weil ein Film sonst zu teuer würde. ;)

  • Es ist viel spannender, wenn man die Figuren "on the go" kennenlernt und direkt von einer Geschiche gepackt wird. Und allein schon am Klang der Stimmen die Charaktereigenschaften heraushören oder erahnen kann. Was ist es da von Bedeutung, ob eine Figur blond oder brünett ist (außer es ginge um einen auf Blond fixierten Mörder z.B.), ob lange Nase oder kurzes Kinn. Ob sie ihren Beruf jahrelang gelernt hat oder neu im Job ist, wenn das für eine Story unwichtig ist?


    Es ist in der Tat Angelegenheit des Skripts, zu entscheiden, welche Information wichtig ist, welche vielleicht Farbe in die Sache bringt, und welche man besser weglässt. Aber es ging mir nicht darum, einem Erzähler das Wort zu reden oder die Exposition durch endloses Gerede zu verlängern.


    Wie erkläre ich, was ich meine ... nehmen wir an, in einem Hörspiel ist es wichtig, dass wir wissen, dass Charakter A nicht gut zu Fuß ist. Dann kann man in einem Gespräch Folgendes schreiben und aufnehmen:

    • A: Okay, einverstanden, Sollen wir gleich los?
    • B: Nein, du weisst doch, dass ich mir vorgestern beim Bergsteigen den Fuß verstaucht habe. Ich muss erst nochmal zum Arzt, damit der mir den Knöchel eingipst, sicher ist sicher.

    Oder die Information so unterbringen:

    • A: A: Okay, einverstanden, Sollen wir gleich los?
    • B: Klar!
      B steht auf und geht einen Schritt, dann ...
      B: Autsch! Aaaahh!
    • A: Was hast du?
    • B (unter Schmerzen): Verdammt! Ich vergess das immer wieder!
    • A: Was hast du denn?
    • B (unter Schmerzen): Vorgestern ... umgeknickt ... verstaucht ... beim Bergsteigen!
    • A: Oh. Dann lassen wir das lieber, oder?
    • B: Doch, wir machen das. Ich geh' besser nur nochmal zum Arzt, das ist ja nicht zum Aushalten!

    Im einen Fall ist es behauptet, im anderen Fall ERLEBT. Das verstehe ich unter unauffälliger Exposition. Aber vielleicht ist es nur eine Gewöhnungsfrage, dass es einem nicht mehr auffällt?

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  • Grundsätzlich richtig.
    Aber in deinem 1. Beispiel wusste A das ja schon ("Du weißt doch"), im 2. Beispiel aber nicht. ("Was hast du denn?"). Also jetzt nicht 100% vergleichbar. :)
    Wenn er lediglich nicht gut zu Fuß sein soll, kann man Beispiel 2 auch für zu episch sehen, weil jetzt die Schmerzen sehr viel expliziter (und für den Hörer vielleicht in den nachfolgenden Szenen anstrengender) durchgespielt werden müssen.
    Vor das Problem wurden wir in einer kommenden MiS-Folge auch gestellt, dass sich einer der Protagonisten auf der Flucht den Knöchel (oder Fuß) verknackst und ein anderer eine fiese Schnittwunde hat. Man könnte jetzt sagen, die nächsten 10 Minuten Schmerzen komplett durchspielen oder aber, vielleicht realer, es immer weniger explizit und dann nur noch punktuell ausspielen. Weil man "in echt" unter Adrenalin auf der Flucht auch nur durchgehend jammern und stöhnen würde, wenn die TV-Kamera mit dabei wäre. ;)


    Wenn man zu viele Sachen zu breit ausspielt und dazu gehören auch Hintergrundwissen usw., dann zieht das Sachen ungeheuer in die Länge und geht auf Kosten von Spannungsspitzen.


    Es kann ja bei deinem Beispiel auch sein, dass der Hörer gar nicht mit dem Zaunpfahl einen gewunken bekommen muss, dass die Lauffähigkeit der Figur mit Sicherheit an einer Stelle zum Problem wird. Das berühmte "Oh, die Figur benutzt einen Asthma-Inhalator. Alles klar, der geht im entscheidenden Moment verloren, gestohlen, was auch immer." Manchmal sind kleine Andeutungen viel interessanter, die beim zweiten Hören dann den Aha-Effekt geben ("Warum ist mir das nicht früher aufgefallen?!?"). :D

  • Jetzt fängt´s an weh zu tun ……….


    "Unauffällige Exposition" - nee, Kinners. Bitte nicht!


    Jedem das Seine. Mir macht es mehr Spaß, wenn's überhaupt nicht künstlich klingt. So, als ob es mich als Hörer nicht gäbe, dem man irgendwas erzählen muss.

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  • Nee, wer will diese TKKG-Dialoge (Wie du weißt, bin ich der Maskenmann, der ……..blabla) schon?



    "Möglichst schnell oder ganz natürlich?" - klingt wie aus einem Werbespot für Hämorrhoiden-Creme. :D



    Fader darf das gerne erörtern, aber für mich hat das was von "Germanistik-Studenten gone wild". Aber vielleicht reden wir wirklich aneinander vorbei. =)


  • :atomrofl:


    Ja, daran musste ich auch denken. Oder Sprach-Gestapo oder sowas. "Wehe das klingt nicht wie Goethe, dann ist aber was los, hohoho!" :D Ich bin der Meinung, dass es gut und sinnvoll klingen soll, es soll dem Hörer gut ins Ohr und Hirn gehen und dem Sprecher auch gut aus dem "Maul fallen".

  • Wow, so schnell geht's, und man wird mit der Gestapo verglichen. Man lernt nie aus.


    Worum ging's mir? Um die Art, wie die Informationen im Hörspiel untergepackt sind, ohne die sich die Hörer das Drumherum, das Woher und Wohin nicht gut vorstellen können. Ich kann mir vorstellen, dass sowas unauffällig zu machen (und das ist das, was Sonny wohl meinte mit den TKKG-Dialogen), ziemlich viel Arbeit bedeutet. Aber vielleicht ist das gar nicht so notwendig? Oder es fällt nicht so auf, wenn's nicht so unauffällig ist?


    Was ich noch nicht verstehe, ist, wie und warum diese Frage bzw. der Wunsch nach "unauffälliger Exposition" mich jetzt zum "Sprachnazi" oder zum Goethe-Aficionado macht?
    ?(

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    Allerdings ist sie nicht Open Source, d.h. man darf sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Mach doch nicht so einen auf eng, das war natürlich nicht ganz ernst gemeint. Natürlich will man in seinen Hörspielen keine "derben TSB-Styles kicken" und so Sachen raushauen wie "Ich, John Sinclair, gehe gerade total derbe männlich zur Tür und drücke die gerade in absolut maskuliner Art und weise runter, hört ihr? Aber was ist das, mein Handgelenk tut weh, das kommt bestimmt von der Aktion gestern, als ich Glenda mal wieder so richtig..." ;)


    Ich finde, da muss man gar nicht drüber reden, das ist für mich persönlich eine Selbstverständlichkeit. Aber nicht immer entschließt man sich für diesen Weg, aus welchen Gründen auch immer. Warum sollte man auch immer den selben Weg gehen?

  • Mach doch nicht so einen auf eng, das war natürlich nicht ganz ernst gemeint. Natürlich will man in seinen Hörspielen keine "derben TSB-Styles kicken" und so Sachen raushauen wie "Ich, John Sinclair, gehe gerade total derbe männlich zur Tür und drücke die gerade in absolut maskuliner Art und weise runter, hört ihr? Aber was ist das, mein Handgelenk tut weh, das kommt bestimmt von der Aktion gestern, als ich Glenda mal wieder so richtig..."


    Das kannste ruhig mal genauer erklären, mit dem Handgelenk und Glenda……... 8-&


    Was ich noch nicht verstehe, ist, wie und warum diese Frage bzw. der Wunsch nach "unauffälliger Exposition" mich jetzt zum "Sprachnazi" oder zum Goethe-Aficionado macht?


    Ich hab´s (mittlerweile) verstanden was du meintest, aber deine Herangehensweise erschien mir etwas sehr sophistisch. Möchte aber betonen, dass ich dich nicht deswegen nicht persönlich angreifen wollte. Und Blitz wollte das sicher auch nicht!